Nach Atom-Aus: Deutschland auf Importe von Atomstrom angewiesen

Import von Atomstrom aus Frankreich

Deutschland importiert große Mengen an Atomstrom aus Frankreich.

Opposition in Deutschland schimpft über Atomausstieg. Französische Ministerin wirbt für neue Atommeiler. Warum die Atomenergie aber nicht die beste Wahl für die Zukunft wäre.

Deutschland hat im April seine letzten Atomreaktoren vom Netz genommen – und muss nun Strom aus dem Ausland importieren. Für die Christdemokraten ist das ein Zeichen für die "krachend gescheiterte" Energiepolitik der Bundesregierung.

Das Bundeswirtschaftsministerium wehrt sich gegen diese Darstellung. "Es ist aus unserer Einschätzung stark vereinfachend und irreführend, die Stromimporte seit dem 16. April allein mit dem Abschalten der drei verbliebenen Kernkraftwerke zu begründen", hatte eine Sprecherin des Ministeriums der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) gesagt.

Dass Deutschland "kurzzeitig zum Nettoimporteur" geworden sei, liege vielmehr an den Mechanismen des europäischen Stromhandels und der Strompreise. Mit anderen Worten: Der Atomstrom aus Frankreich war schlicht billiger als etwa der deutsche Kohlestrom.

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In der Debatte geht es nicht nur um Strommengen, die ein- und ausgeführt werden – es geht um die Zukunft der Atomenergie in Deutschland und Europa. "Die Abschaltung der Kernenergie erweist sich nun als teurer Fehler", erklärte etwa der Parlamentarische Geschäftsführer der CSU im Bundestag, Stefan Müller, gegenüber der FAZ.

Unterstützt werden die Unionsparteien dabei von der französischen Energieministerin Agnès Pannier-Runacher. Sie warf Deutschland in einem Interview mit dem Handelsblatt vor, auf der einen Seite massiv französischen Atomstrom zu produzieren, gleichzeitig aber "jeden Text und jede Gesetzgebung in der EU abzulehnen, die den Mehrwert dieser kohlenstoffarmen Energieform anerkennt".

Deutschland riskiere, so Pannier-Runacher, "mehr und mehr von der Atomenergie seiner Nachbarn abhängig zu werden". Sie verwies auf die Niederlande, die ebenfalls Nettostromexporteur sei und den Bau neuer Atomreaktoren erwäge.

Der Konfliktpunkt zwischen Deutschland und Frankreich ist, wie die Grundlast in der Stromversorgung gewährleistet werden kann. Wind- und Solarstrom ist nicht immer verfügbar. Wie viel von ihnen im Netz ist, hängt von der Wetterlage ab. Um die Schwankungen auszugleichen, sind steuerbare Grundkapazitäten notwendig.

Frankreich propagiert dabei die Atomkraft als Lösung – Deutschland setzt auf Gaskraftwerke. Atomkraftwerke ist in einem Stromsystem, das zu einem großen Teil mit Wind- und Solarstrom gespeist wird, allerdings nur wenig flexibel. In der Vergangenheit war es auch nur selten notwendig, Atommeiler flexibel einsetzen zu müssen.

In einem Hintergrundpapier des Büros für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag (TAB) aus dem Jahr 2017 heißt es:

In Ländern wie beispielsweise den USA, Spanien, Finnland oder Schweden liegen große Anteile an flexibel steuerbaren Energiequellen wie Speicherwasserkraft und Gas vor und es sind vergleichsweise wenig fluktuierende erneuerbare Energiequellen wie Wind und Sonne im Energiemix vorhanden. Der Bedarf an einem flexiblen Betrieb der KKW ist daher begrenzt.

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In Ländern, die über genügend flexible Grundlastkapazitäten verfügten, würde es sich daher anbieten, Atomkraftwerke nicht ständig hoch- und runterzufahren. Außerdem sei es für die Betreiber der Kraftwerke ökonomisch sinnvoller, ihre Anlagen in Volllastbetrieb zu fahren.

Die französische Ministerin wirbt im Handelsblatt förmlich dafür, dass auch Deutschland wieder neue Atommeiler aufbaut. Erdgas sei schließlich ein fossiler Energieträger und ein Bau von Gaskraftwerken würde an der Glaubwürdigkeit des Klimaschutzes kratzen. Zudem stünden KKW-Anlagen nicht im Widerspruch zum Ausbau der erneuerbaren Energien.

Sie äußerte sich aber nicht dazu, wo der Atommüll entsorgt werden soll; ob neue Atommeiler jemals wirtschaftlich betrieben werden können; und welche Schäden im Falle eines Atomunfalls zu erwarten sind.

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