Nach Trumps Erklärung: Der nächste mutmaßlich israelische Angriff auf iranische Ziele in Syrien

CCTV-Aufnahme aus Kisweh. Foto: Riam Dalati/Twitter

Trump und Netanjahu verfolgen die erfolgreichere Doktrin - Man muss nur hart genug gegen Iran vorgehen, um eigene Interessen besser durchzusetzen?

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Nicht lange nach der Erklärung Donald Trumps zum Ausstieg aus der Atomvereinbarung mit Iran, in der er Konteraktionen zu den "bösartigen Aktivitäten des iranischen Regimes" ankündigte, meldete die israelische Zeitung Ha'aretz gestern Abend einen Luftangriff auf eine Militärbasis im Süden von Damaskus.

Laut Medienberichten, so Ha'aretz, wird die israelische Luftwaffe für den Angriff verantwortlich gemacht. Offiziell gebe es dafür wie üblich weder Bestätigung noch ein Dementi. Die syrische Nachrichtenagentur Sana hebt hervor, dass bei einem Angriff in der Umgebung von Damaskus, nahe bei al-Kisweh, zwei israelische Raketen von der syrischen Luftabwehr abgefangen wurde. Bei der dadurch ausgelösten Explosion seien ein Mann und eine Frau "zu Märtyrern geworden".

Ein Pro-Assad-Kommandeur sprach laut Ha'aretz von israelischen Kampfjets, die eine syrische Armeestellung im Süden von Damaskus angegriffen hätten. Laut SZ war das Ziel "ein Waffen- und Raketendepot in Kisweh, auf das iranische Kräfte und die libanesische Hisbollah Zugriff haben sollen".

Das deutschsprachige Blog Flutterbareer berichtet von einem Industriepark bei al-Kiswah, wo "scheinbar" zwei Ziele erfolgreich getroffen wurden: "eine Fabrikanlage und ein Militärkonvoi, der wahrscheinlich zum Iran gehörte". Gegenüber dem Industriepark soll sich ein syrischer Militärstützpunkt befinden, der von vielen Medien als "iranische Basis" bezeichnet werde.

Angriff ungefähr eine Stunde nach Trumps Erklärung

Beim Reporter Danni Makki findet sich Bildmaterial zu dem Angriff, das nicht viel zur Erhellung beiträgt. Deutlich wird aber, dass der Angriff "etwa eine Stunde" nach der Erklärung Trumps stattfand.

Die Videoaufnahmen und ein Foto zeugen von einer heftigen Explosion, was die Annahme eines Munitionslagers plausibel macht und ebenso die Angabe von SOHR, wonach neun Menschen infolge des Angriffs umkamen.

Es kann nicht nur, wie die SZ schreibt, angenommen werden, dass die "israelische Armee hinter den Luftschlägen steckt", sondern auch, dass der Angriff mit Trumps Erklärung in engem Zusammenhang steht.

Die israelische Führung war höchstwahrscheinlich von Trumps Absichten informiert; Netanjahu machte sich lediglich leichte Sorgen darüber, dass Trump in einigen Formulierungen vom Script abweichen könnte, was bei dem US-Präsidenten vorkommt.

Dass Trump mit seiner Rede grundsätzlich einen härteren Konfrontationskurs gegenüber Iran einschlagen würde, war abzusehen, insofern konnte der sicherlich schon länger geplante Angriff auf diesen günstigen Zeitpunkt gesetzt werden. So bestätigte er die Härte, welche das Team Trump-Netanjahu als bessere Politik gegen Iran im Sinn hat.

Dem gestrigen Angriff waren in jüngster Zeit zwei andere in Syrien vorangegangen, die auf Israel verweisen (Angriffe auf syrische Militärbasen und Vermutlich haben israelische Kampfflugzeuge einen syrischen Flughafen angegriffen).

Drohung gegen Assad - Die Zeichen stehen auf Eskalation

Zwar gab es keine offizielle Erklärung aus Israel, dass man dafür die Verantwortung trage, aber es gab eine Botschaft an die Adresse Irans und Syriens. Man werde nicht zulassen, dass Iran im Nachbarland Syrien Militärbasen errichte.

Einen zusätzlichen Effet bekam die Warnung am Montag durch die Drohung des Energieministers Yuval Steinitz, wonach Israel den syrischen Präsidenten töten könnte, wenn seine Regierung iranische Kampfgruppen nicht davon abhalten würde, Israel vom syrischen Territorium aus anzugreifen.

Die Zeichen stehen auf Eskalation, wie der Luftangriff gestern Abend allem Anschein nach bestätigt. Befürchtet wird, dass Israel eine bewaffnete Auseinandersetzung geradezu sucht (siehe: Bereitet sich Israel auf einen Krieg vor - oder will es einen provozieren?). Im eingangs erwähnten Ha'aretz-Artikel ist davon die Rede, dass man in Israel einen Vergeltungsschlag von iranischer Seite befürchtet für den Angriff vom 9. April.

Dazu liefert der Zeitungsbericht eine bemerkenswerte Aussage, wonach "jeder iranische Militärschlag gegen Israel mit einer schwerwiegenden Reaktion zu rechnen hat, selbst wenn die Arbeitshypothese lautet, dass Iran begrenzte Fähigkeiten habe, in einen Konflikt mit Israel einzutreten".

Die Arbeitshypothese bezeugt Selbstvertrauen. Sie schätzt die Schlagkraft Irans in einem Konflikt mit Israel als begrenzt ein und als beherrschbar. Das steht in Kontrast zu den Szenarien, die aufgebaut werden, wenn die Bedrohung Israels durch iranische Proxygruppen in Syrien geschildert wird.

Als nachvollziehbares Bedrohungsszenario kursiert zum Beispiel, dass die Hizbollah mittlerweile über mehrere Zehntausende Raketen verfügen soll, mit denen Israel beschossen werden kann und zwar, wie der Kriegsreporter Elijah Magnier - der enge Kontakte zur Hizbollah hat und ihr auch sonst näher steht als Israel - behauptet, in großen Mengen und gleichzeitig. Die Miliz habe nun das nötige Personal dafür. Das würde die israelische Raketenabwehr vor große Probleme stellen.

Die Netanjahu-Doktrin

Der Eindruck, der heute zum Beispiel aus Kommentaren in Ha'aretz zu Trumps Erklärung erwächst, ist der, dass eine harte Haltung gegenüber Iran, wie sie sich Trump von Netanjahu abgeschaut hat, weitaus mehr Erfolg bringen könnte als die viel zu nachgiebige, softe, fast freundliche Haltung Obamas.

Man müsse nur hart genug gegen Iran sein, dann würde sich das "Regime", das wirtschaftlich und über die Proteste sehr unter Druck steht, letztlich doch zu Verhandlungen entschließen und das Ergebnis wäre sehr viel besser als beim nun aufgekündigten "Deal", lautet die "Doktrin" dazu.

Die oben zitierte Arbeitshypothese legt nahe, dass sich manche in der israelischen Führung analog dazu vorstellen, dass Iran auch militärisch mit mehr Härte zu größeren Konzessionen zu bewegen ist. Allerdings hat sich das bisher nicht gezeigt.

Wie der genannte Reporter Danni Makki wahrscheinlich zutreffend feststellt, "wird Iran Syrien nicht so schnell verlassen und Israel wird seine Angriffe auf iranische Ziele in Syrien, die gerade mehr und mehr werden und zur Regel, nicht zurückfahren". Die Eskalation, so prophezeit er, wird weitergehen und wahrscheinlich gefährlicher werden.