Nahost-Konflikte bedrohen wichtige Genbanken

Hände, die Samen in reichen Boden pflanzen.

(Bild: TajdidProtik / Shutterstock.com )

Genbanken im Nahen Osten bewahren wertvolles Saatgut. Kriege gefährden diese Arbeit. Können wir die Zukunft unserer Ernährung noch retten?

Nicht alle Kollateralschäden der aktuellen militärischen Auseinandersetzungen schaffen es in unsere Schlagzeilen, auch wenn sie Auswirkungen auf unsere künftige Ernährung haben können, wenn der Klimawandel solche Fortschritte macht, wie aktuell festzustellen ist.

Nicht nur Starkregen mit einer Vorwarnzeit von gerade einmal 10 Minuten, sondern auch Dürren schaden der Landwirtschaft in Deutschland. Künftig werden somit Pflanzen benötigt, welche mit beiden Extremen auskommen, sonst können Lebensmittel knapp werden.

Deutschland ist bei der Lebensmittelversorgung schon ohne Klimawandel im Rückstand, weil 60 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche heute für die Produktion von Viehfutter genutzt wird, das für den menschlichen Verzehr nicht geeignet ist.

Die industrielle Saatgutproduktion trägt dieser Entwicklung Rechnung und konzentriert sich auf die Steigerung der Erträge durch optimale Versorgung mit Agrarchemie. Eine Folge dieser Firmenpolitik ist die Reduzierung der Diversität auf den Äckern im Interesse der aktuell bestmöglichen Ausnutzung.

Was aktuell die höchsten Profite verspricht, kann bei einer Änderung der klimatischen Rahmenbedingungen oder dem Eintrag von Schädlingen und Pilzen schnell zu einer gewaltigen Herausforderung werden können, gegen die der Eintrag von Pilzen wie ″Phytophthora infestans″ der Mitte des 19. Jahrhunderts die Bevölkerung Irlands durch den Großen Hunger binnen weniger Jahre halbierte.

Nur Sicherung der Diversität lässt die Ernährungsgrundlage langfristig sichern

Treffen invasive Arten hierzulande auf eine eingeschränkte Diversität können die Schäden in der Landwirtschaft gewaltig sein. Aktuelle Beispiele hierfür sind der Japankäfer und befürchteten Phytoplasma-Epidemien.

Die Bedeutung der pflanzlichen und tierischen Vielfalt war im Jahr 1971 ein Anlass für die Gründung der ″Consultative Group on International Agricultural Research″ (CGIAR) mit 64 Mitgliedern. Dazu zählten 21 Entwicklungs- und 26 Industrieländer, vier Co-Sponsoren, sowie dreizehn internationale Organisationen. Heute sind mehr als 8000 Wissenschaftler und Mitarbeiter in über 100 Staaten für die CGIAR aktiv.

Gründungsziel der CGIAR war die Bekämpfung der Nahrungsmittelknappheit in den Tropen und Subtropen durch Forschung und Investitionen in neue, ertragreiche Pflanzensorten und verbesserte Nutztierhaltung. Seit der Gründung der CGIAR im Jahr 1971 unterstützt Deutschland die Arbeit der einzelnen in der CGIAR zusammengeschlossenen Forschungsorganisationen jährlich mit einem niedrigen zweistelligen Millionenbetrag.

Offensichtlich wird der Erhaltung einer Vielfalt, die für Deutschland erst mit fortschreitendem Klimawandel an Bedeutung gewinnen könnte, eine geringere Priorität eingeräumt als der industriellen Entwicklung. Zwar gibt es auch in Deutschland mehrere Saatgutbanken, aber keine, die sich auf die Erhaltung von Saatgut aus Trockengebieten spezialisiert hat.

Die im Westen eher verachtete syrische Regierung war an ICARDA-Gründung beteiligt

Als eine von 15 Forschungseinrichtungen der CGIAR erforscht das ″International Center for Agricultural Research in the Dry Areas″ (ICARDA) die Möglichkeiten, landwirtschaftliche Produktionsmethoden in den Trockengebieten der Erde zu verbessern und hatte in diesem Zusammenhang mit dem Sitz der Organisation in Aleppo eine umfangreiche Saatgutbank angelegt, die mit dem vom Westen unterstützten Syrienkrieg in Gefahr geriet und 2015 zerstört wurde.

Im Jahr 2012 wurde aufgrund der Bedrohungslage der Sitz nach Beirut verlegt und die Nachzucht des Saatguts in das Bekaa-Tal mit seiner langen landwirtschaftlichen Tradition verlagert. Mit den aktuellen Angriffen des israelischen Militärs auf den Südlibanon ist der Erhalt des für unsere Ernährung immer wichtiger werdenden Saatguts erneut gefährdet.

Mit der zunehmenden militärischen Bedrohung der Arbeit der Saatguterhaltung im Nahen Osten wurden die wichtigen Saatgutbanken inzwischen an weitere Standorte diversifiziert. Auch die Arbeit wurde über die klassische Landwirtschaft hinaus erweitert und umfasst inzwischen auch neue Anbaumethoden wie das vorwiegend in der Golfstaaten etablierte Vertical Farming.

Bei seiner Arbeit konzentriert sich ICARDA heute auf die Regionen Central und West Asia sowie North Africa (CWANA) und den Mittleren Osten, die sich aktuell signifikanten Herausforderungen ausgesetzt sehen. Neben dem klimatischen Wandel steht diese Region auch verstärkt unter dem Druck militärische Auseinandersetzungen. Für den Erhalt der menschlichen Lebensgrundlagen auch im Rahmen des Klimawandels sind das keine guten Voraussetzungen.

Solange man vor dem Einfluss des anthropogen ausgelösten Klimawandels auf das Wetter hierzulande aus politischen Gründen lieber die Augen verschließen will, weil es einfacher erscheint, darf man damit rechnen, dass Entwicklungen wie im Irland des 19. Jahrhunderts sich auch großräumiger wiederholen können. Saatgut, das ausgerottet wurde, könnte höchstens mithilfe von Gentechnik zeitnah neu entwickelt werden, was in Deutschland wohl nicht gerade auf große Freude beim veganen Publikum stoßen dürfte.