Napster vor dem Aus

CEO tritt zurück, Gründer verlässt die Firma, Belegschaft wird entlassen

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Napsters CEO Konrad Hilbers hat gestern seinen Rücktritt erklärt. Shawn Fanning, der als Gründer der Tauschbörse berühmt wurde, hat ebenfalls seinen Rückzug angekündigt. Den Angestellten wurde eine Abfindung in Aussicht gestellt. Napster wird offenbar in den nächsten Tagen Bankrott anmelden.

Der ehemalige Bertelsmann-Manager Konrad Hilbers hat gestern überraschend seinen Rücktritt erklärt und damit Napsters abruptes Ende besiegelt. Nur wenig später soll den Angestellten das Angebot gemacht worden sein, eine Abfindung zu kassieren und die Firma zu verlassen. Alternativ könne jeder auch unbezahlten Urlaub nehmen und darauf hoffen, dass in der nächsten Woche ein finanzieller Retter gefunden werde. Doch darauf wollte offenbar niemand mehr vertrauen. Wie Wired Online berichtet, sollen die meisten der verbleibenden 70 Napster-Angestellten die Abfindung akzeptiert haben.

Grund für das Ende ist die unsichere finanzielle Zukunft der Tauschbörse. Die Firma hat zwar zu ihren Höchstzeiten mehr als 80 Millionen registrierte Nutzer gehabt, aber nie Einnahmen aufweisen können. Seit einer gerichtlich erzwungenen Abschaltung im Juli letzten Jahres ruhte auch der Tauschbetrieb. Im März diesen Jahres hatte Napster bereits 30 Angestellte entlassen müssen. Eine Übernahme durch Bertelsmann war offenbar in den letzten Wochen am Widerstand John Fannings, des Onkels des Napster-Gründers Shawn Fanning, gescheitert.

Shawn Fanning: Ende war absehbar

Shawn Fanning hatte 1999 im Alter von 19 Jahren die Software der Tauschbörse programmiert. Als wenig später Millionen von Netznutzern Napster für sich entdeckten, wurde Fanning zum Gesicht der Peer to Peer-Revolution. Doch spätestens seit Napsters Pakt mit Bertelsmann (Vgl. Middelhoffs Napster-Coup) im Oktober 2000 zeigte sich Fanning immer seltener in der Öffentlichkeit und hielt sich mit Stellungnahmen zu Napsters Zukunft zurück. Gestern wurde er nun mit den Worten zitiert, er habe sich seit der ersten Klage gegen Napster darauf eingestellt, dass die Tauschbörse nicht überleben könne.

Nach außen gab sich die Firma jedoch bis zuletzt optimistisch, in absehbarer Zeit mit einem legalen und kostenpflichtigen Angebot noch einmal von vorn anfangen zu können. Die dazu nötige Technik war bereits im Sommer letzten Jahres praktisch einsatzbereit. Auch der im Januar gestartete Beta-Test soll - zumindest aus technischer Perspektive - ein voller Erfolg gewesen sein. Was jedoch fehlte, waren die Lizenzen der großen Plattenfirmen. Napster-CEO Konrad Hilbers hatte immer wieder vergeblich versucht, deren Kataloge für die Tauschbörse zu lizenzieren.

Ende der Antitrust-Ermittlungen gegen die Musikindustrie?

Dabei setzte er auch auf ungewöhnliche Mittel: So wurde der Unwillen der Labels, ihre Musik an Napster zu lizenzieren, in den letzten Monaten Gegenstand des immer noch laufenden Prozesses der Musikindustrie gegen die Tauschbörse. Hilbers wollte die Plattenfirmen so durch Antitrust-Vorwürfe unter Druck setzen. Ende Februar bekam er dabei Unterstützung von der US-Richterin Marilyn Hall Patel. Patel verfügte eine Untersuchung der von der Musikindustrie gegründeten Online-Anbieter Musicnet und Pressplay auf einen möglichen Missbrauch ihrer marktbeherrschenden Stellung.

Doch nach den gestrigen Entwicklungen wird der Prozess gegen Napster nun wahrscheinlich bald eingestellt - und damit auch die für die Plattenfirmen so unangenehmen Antitrust-Untersuchungen. Napster wird offenbar in den nächsten Tagen Bankrott anmelden. In diesem Fall wird damit gerechnet, dass die meisten Eigentumswerte der Firma in den Besitz von Bertelsmann übergehen. Der Medienkonzern hat mehr als 80 Millionen Dollar in Napster investiert.