Nato-Gipfel und Ukraine-Krieg: So lange wie nötig, so viel wie möglich?
Seite 2: Eskalation oder weiter wie in den vergangenen 500 Tagen?
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Die immer stärkere Aufrüstung der Ukraine und ihre weitere Annäherung an die EU und die Nato deuten nicht nur aus russischer Sicht, sondern auch in Kommentaren weltweit auf eine Eskalation des Konflikts hin. Der Krieg in der Ukraine ist, wie viele ähnlich begrenzte Konflikte, ein Experimentierfeld für Militär und Rüstungsindustrie.
Er gibt Aufschluss über die Wirkung neuer westlicher Waffensysteme im direkten Vergleich mit den militärisch-technischen Fähigkeiten Russlands, die sehr unterschiedlich eingeschätzt werden, die aber, wie die jüngsten panzerbrechenden Raketen und die zerstörten Leopard-Panzer zeigen, offenbar nicht völlig ausgereizt sind, von der nuklearen Bedrohung ohnehin abgesehen.
Neben den USA trägt auch die EU zur Eskalation bei. Mit weiteren 500 Millionen Euro will sie mehr Munition für die Ukraine produzieren und die eigenen Arsenale auffüllen. Dazu gehören auch Subventionen für die heimische Rüstungsindustrie.
Russland hat seine roten Linien längst klar formuliert, vor allem die Aufnahme der Ukraine in die Nato und die dann mögliche Stationierung von Raketen an der russischen Grenze, rund 500 Kilometer vor Moskau.
Präsident Wolodymyr Selenskyj hingegen fordert aggressiv die Doppelmitgliedschaft in Nato und EU, unterstützt von einer Welle westlicher Solidaritätsbekundungen. Vor dem Gipfel in Vilnius hält sich Washington noch bedeckt, man wolle erst über die Beitrittskriterien sprechen und inwieweit sich die Ukraine dafür qualifiziert.
Die "endlosen Kriege" in der amerikanischen Debatte
Die Lieferung und der geplante Einsatz von Streumunition lösen in weiten Teilen der Welt Entsetzen aus. Teile der inneramerikanischen Debatte, vor allem in Militärkreisen und im außenpolitischen Establishment, klingen dagegen eher zynisch, wenn man überhaupt moralische Maßstäbe an Kriege anlegen will.
In den Medien wird allerdings oft kontroverser diskutiert als in Deutschland, wo Zweifel an der Ukraine und ihrem Kampf für westliche Werte allzu leicht als prorussische Haltung abgetan werden.
Ein Beispiel: Am 4. Juli, dem amerikanischen Unabhängigkeitstag, interviewte die Zeitung "Foreign Affairs" Isaiah Wilson, einen langjährigen Offizier, Professor und Präsident der Joint Special Operations University und Autor des Buches "Thinking Beyond War: Civil-Military Relations and Why America Fails to Win the Peace".
Wilson kritisiert die Kluft zwischen dem Militär und der politischen Führung in Washington sowie das Fehlen einer langfristigen Planung für die Zeit nach einem militärischen Sieg, wenn es um die Stabilisierung des Friedens geht.
Das Maximalziel der Ukraine, alle bisher von Russland besetzten Gebiete zurückzugewinnen, dürfte in diese Kategorie fallen. Die New York Times beklagte am 3. Juli am Beispiel Kubas und des Irans, dass sowohl Trump als auch Biden genau die Feinde gezüchtet hätten, von denen sie die Sicherheit ihres Landes bedroht sehen.
Und ein Bericht vom 1. Juli zitiert Richard N. Haass, Sicherheitsberater von George H.W. Bush und langjähriger Präsident des Council on Foreign Relations.
Haass sieht in den USA die größte Bedrohung für die globale Sicherheit und die gefährlichste Quelle weltweiter Instabilität aufgrund ihrer ungelösten inneren Probleme.
Im April 2022 schrieb der prominente Kolumnist Paul Krugman, mit dem Ukraine-Krieg seien die USA erneut zum "Arsenal der Demokratie" geworden, so wie sie es 1940 mit ihrer Hilfe für das von Deutschland bedrohte Großbritannien gewesen seien.
Der Kampf werde die russischen Aggressoren bestrafen und ein weltweites Fanal für die Freiheit aller Nationen sein. Dass alle Kriegsanstrengungen der USA ein Kampf für die Freiheit seien, war schon während des Zweiten Weltkriegs ein wichtiger Teil der internen Propaganda.
Nicht nur die Soldaten an der Front, auch die Flugzeugbauer, die Munitionsarbeiter und die Zeichner von Kriegsanleihen taten dies für die Freiheit. In den deutschen Medien und Leserbriefspalten wird ähnlich argumentiert; dass die Ukraine für unsere Freiheit kämpft, gilt als unbestreitbar.
Laut Statista waren die größten Unterstützer der Ukraine (in Milliarden Euro bis Ende Mai) die USA mit 70,7; Deutschland mit 18; Großbritannien mit 10,7; Frankreich mit 7,5; die Niederlande und Japan mit 6,6; Italien und Polen mit 5,7 Milliarden.
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