Nato-Gottheit und Menschenzukunft

Seite 2: Die Liturgien der Militärreligion boykottieren - den Krieg "verlästern"

Vielleicht war die einzige verbliebene Antikriegspartei im Parlament gar nicht gut beraten, als sie die Bundestagssitzung vom 25.08.2021 mehrheitlich mit ihrer Anwesenheit beehrte.

Hier sollte gleichsam der Abschluss-Segen für die deutsche Militärbeteiligung in Afghanistan inszeniert werden, kombiniert mit einer Sünden-Lossprechung für alle etwaigen Verfehlungen, an die sich die militärgläubigen Angehörigen des Hohen Hauses nicht mehr erinnern wollen. Um diese beiden Zwecke ging es.

An Kriegsdebakeln sind in Deutschland seit altersher immer die Kriegsgegner schuld. Und so konnten nun Leute, die Abschiebung und Abschottung mit Blick auf afghanische Flüchtlinge gutheißen oder in der Vergangenheit gar ein Bombardement auf Zivilisten verteidigt hatten, sich als Botschafter einer universellen Liebe empfehlen.

Wochenlang hatte man linke Forderungen nach Menschenschutz und Evakuierung von bedrohten Ortskräften überhört. Doch mit der Stimmkarte für eine "Aktion" kurz vor Toresschluss, die mit zeitiger und effektiver Hilfe nichts mehr zu tun hatte, gedachte man jetzt, ausgerechnet der Minderheit der Kriegsgegner die Schuld am Kriegsleiden zuschieben zu können.

Höflichkeit ist eine löbliche Eigenschaft. Wenn es aber darum geht, im Sinne des Erasmus von Rotterdam den Krieg vor aller Welt zu verlästern, sind andere Tugenden und Fertigkeiten gefragt.

Wäre es der Fraktion der Kriegsgegner nicht möglich gewesen, dem scheinheiligen Schauspiel am 25. August fernzubleiben und stattdessen die Öffentlichkeit auch auf einer eigenen Pressekonferenz aufzuklären über die umtriebigen Anhänger der militärischen Heilsreligion?

Ich möchte meine Straßengenoss:innen vor Sonntag mittels einer kleinen Zettelkampagne bitten, keine Militärgläubigen ins Parlament zu wählen. Wie auch immer dann die Ergebnisse aussehen werden, es bleibt als drängendes Erfordernis eine beharrliche Religionskritik aller Militärdogmen. Denn mit einer Beibehaltung des Programms "Krieg" ist das Ringen um Lösungen in der "Klimafrage" schon verloren, bevor es richtig beginnt.

Der Verfasser ist katholischer Theologe und Publizist; er gehört zu einem Kreis von Christ:innen in der Partei Die Linke.