Nato-Russland-Krise: Worte zur Entspannung, Schritte zur Aufrüstung

Nichts Neues im Osten? Pentagon-Sprecher Kirby. Bild: Pentagon Press Secretary

Die Antworten der Nato und der USA an Russland wurden über eine spanische Zeitung teilweise veröffentlicht. Das scheint Teil im Meinungsspiel. Washington schafft indes Fakten

Es gebe einen "Weg vorwärts", kommentierte der Sprecher des Pentagon, John Kirby, auf einer Pressekonferenz die Veröffentlichung der Antworten der Nato und der USA auf die russischen Forderungen nach Sicherheitsgarantien in Osteuropa. Kirby ist überzeugt, dass die schriftlichen Antworten zu weiteren Verhandlungen führen.

Er stellte die Einigkeit unter den Verbündeten – also den USA und ihren Nato-Partnern – in den Vordergrund, nicht einmal zwischen privaten und öffentlichen Diskussionen gebe es da einen Unterschied.

Die spanische Tageszeitung El Pais hatte gestern Kernpunkte aus den schriftlichen Antworten veröffentlicht. Der russische Außenminister Sergej Lawrow hatte vorausgesagt, dass es wahrscheinlich einen solchen Leak geben werde.

Wer der Zeitung die Schriftstücke zugespielt hat, ist unbekannt. In ihrem Bericht dazu hatte die Tagesschau gestern noch geschrieben, dass die Echtheit noch nicht bestätigt sei. Ernstlich infrage stand sie allerdings auch für das ARD-Nachrichtenflaggschiff nicht.

Kirby bestätigte indes mit seinen Äußerungen dann auch die Authentizität der Auszüge. Auch von einer russischen Nachrichtenagentur sei dies über deren diplomatischen Kontakte geschehen, so der Follow-up-Bericht von El Pais. Die Zusammenfassung der Kernpunkte durch die Tagesschau lautet wie folgt:

Den ins Internet gestellten Schriftstücken zufolge machen die Amerikaner und das Militärbündnis darin deutlich, dass ein Großteil der russischen Vorschläge für sie nicht akzeptabel ist.

Zugleich zeigen sich Nato und USA darin offen für konkrete Verhandlungen und neue Vereinbarungen. So sind die USA ihrer Antwort an Russland zufolge bereit, eine dauerhafte Stationierung von Kampftruppen und bodengestützten Raketensystemen in der Ukraine auszuschließen, wenn Moskau auch entsprechende Verpflichtungen eingeht.

Als Voraussetzung für Verhandlungserfolge wird von der Nato und den USA ein Ende des aktuellen russischen Truppenaufmarsches an den Grenzen zur Ukraine genannt. Dies sei zentral für wesentlichen Fortschritt, heißt es in der Nato-Antwort.

Tagesschau

Dazu ist anzumerken, dass die spanische Zeitung weitaus mehr Details der schriftlichen Antworten wiedergibt. Dort wird etwa angesprochen, dass die "Unteilbarkeit der euroatlantischen Sicherheit" (engl: "The Indivisibility of Euro-Atlantic Security"), bzw. deren Interpretation Verhandlungsgegenstand beider Seiten werden könnte. Inwieweit dies zu Fortschritten führen könnte, also zu einer auf mittlere oder gar längere Frist entspanntere Lage in Osteuropa, ist keine Frage, die schnell geklärt werden kann.

Neue US-Truppen für Europa, aber nicht im Kontext der Ukraine-Krise

Das ist das Gelände für Verhandlungen, ebenso die Abmachungen zu den Raketensystemen und Abrüstungen, die in den Ausschnitten von El Pais in größerem Detail (siehe auch hier) vorgestellt werden. Das auszuloten, wird Arbeitsgelände von Experten sein, die mit der Materie vertraut sind. Dies sind aber noch gar nicht zu Wort gekommen, da US-Präsident Biden gleich einen "Action-Kommentar" zur Frage der stationierten Truppen folgen ließ

Seine erneute Ankündigung einer Aufstockung von US-Truppen in Deutschland und Osteuropa bestimmt heute das Thema "Ukraine-Krise". Überlegungen zu den veröffentlichten schriftlichen Antworten vonseiten der USA und der Nato treten demgegenüber in den Medien in den Hintergrund, bzw. bleiben aus.

Die US-Regierung betonte, dass die Truppen nicht in der Ukraine eingesetzt werden sollen. Laut dem deutschen Militärblog Augen geradeaus soll es bei den Verlegungen "nicht um die ebenfalls bereits bekannte Zahl von 8.500 Soldat*innen" handeln, "die für eine mögliche Verstärkung der NATO Response Force (NRF) in erhöhte Alarmbereitschaft versetzt wurden, sondern um zusätzliche Truppenteile". Gemäß einer Übersicht des Pentagon sei das wesentliche Element der jetzt angekündigten Verlegungen eine Unterstützung für Polen und Rumänien:

Diese Truppenverstärkungen seien nicht als dauerhafte Präsenz gedacht, betonte das US-Verteidigungsministerium. (…) Auf die Frage, was eine zeitweise Stationierung (temporary deployment) bedeute und woran ein Erfolg dieser Verlegung gemessen werde, sagte Pentagon Sprecher John Kirby: Messlatte für den Erfolg ist, dass die Ostflanke der NATO aufgestellt und vorbereitet ist, sich selbst zu verteidigen. Die jetzt angekündigte Truppenverstärkung der USA reiht sich ein in die Ankündigungen anderer NATO-Staaten, die ebenfalls solche Verlegungen planen.

Augen geradeaus

Die Stationierung von US-Truppen in Europa sei der Beweis dafür, dass Russland Grund zur Besorgnis habe, zitiert die russische Nachrichtenagentur Tass Kreml-Sprecher Dmitri Peskow.

Die US-Waffenkonzerne müssen sich erst mal keine Sorgen über eine Entspannungs- und Abrüstungspolitik in Osteuropa machen.