Nato will "Bürden teilen"

Grafik: TP

Die Finanzierung der Luftüberwachung oder des Unterhalts einer Flotte aus der Gemeinschaftskasse soll "Anreize für Alliierte setzen, mehr Ressourcen zur Verfügung zu stellen"

Ein Slogan, den der norwegische Nato-Generalsekretär gestern und vorgestern oft wiederholte, heißt "Burden Sharing" - "Bürden teilen". Damit meint er ein neues System, das seinen Worten nach "Anreize für Alliierte setzen [soll], mehr Ressourcen zur Verfügung zu stellen", indem die Kosten für eine Luftüberwachung oder den Unterhalt einer Flotte aus der Gemeinschaftskasse beglichen werden. Damit das geht, müssen alle Mitglieder mehr Steuer- oder Staatsschuldengeld in diese Gemeinschaftskasse einzahlen.

Damit einher geht ein Wachstum der Nato. Nicht, weil sie mehr Mitglieder bekommt, sondern weil sie sich aufbläht, wenn sie mehr Geld einnimmt und über einen dann größeren Mitarbeiter- und Funktionärsapparat verteilt. Diesen Effekt kennt man auch von anderen Organisationen - angefangen bei der EU und nicht endend bei der UN.

Dieses Ausgeben von mehr Geld behandelt Stoltenberg ganz selbstverständlich als gute Sache. Die Steigerungen in den Verteidigungsetats aller Mitgliedsländer seit 2014 verliest er wie andere Politiker Beschäftigungszahlen. Und er betont, dass der neue US-Präsident Joseph Biden schon beim Nato-Gipfel 2014 in Wales, bei der das Zwei-Prozent-Ziel beschlossen wurde, zusammen mit seinem damaligen Chef Barack Obama "sehr auf diese Entscheidung gedrängt hat".

Vorwürfe an Taliban ohne Details

Zu anderen Fragen gab Stoltenberg gestern eher weniger ausführliche Antworten. Die Frage eines Abzugs aus Afghanistan, die viele Reporter am meisten interessiert, wird seinen Angaben nach erst heute behandelt. Aber er betonte, der Abzug sei an "Bedingungen" gebunden, an deren Erfüllung die Taliban noch arbeiten müssten. Dabei ließ er - wie schon am Dienstag - offen, welche Verbindungen zu welchen internationalen Terroristen sie konkret noch pflegen und welche nachvertraglichen Gewaltakte in Afghanistan man ihnen genau vorwirft (vgl. Nato-Generalsekretär: "Gemeinsam mehr ausgeben").

Für den Irak deutete er sogar einen möglichen Wiederausbau der Nato-Präsenz an: Anschläge wie der auf den US-Stützpunkt in Erbil zeigen seinen Worten nach, wie wichtig die Ausbildungsmission dort ist. Zu den im Nordirak mutmaßlich von der PKK getöteten türkischen Staatsbürgern meinte er, die Solidarität der Nato-Länder sei "mit dem türkischen Volk". Dass er nicht "mit der Türkei" sagte, liegt womöglich an deren aktueller Staatsführung, die sich bei anderen Nato-Ländern unter anderem im Umgang mit dem Mitgliedsland Griechenland und durch den Kauf des russischen Raketenabwehrsystems S-400 unbeliebt machte. Auf Fragen hierzu meinte Stoltenberg, man habe Vertreter Griechenlands und der Türkei zu Gesprächen gebracht, und er befürworte S-400-Alternativen wie das US-amerikanische Patriot-System.

Eine Erneuerung des Strategiekonzepts von 2010 hält der Nato-Generalsekretär unter anderem deshalb für notwendig, weil das damals als Partner angesehene Russland seiner Wahrnehmung nach seitdem "aggressive Handlungen" beging. Nun soll das Land als "systemischer Rivale" und "ernste Gefahr" eingestuft werden. Auch auf die "durchsetzungsstarke Weltmacht" China will man nun ein Auge haben und dafür enger mit den pazifischen Mächten Australien, Japan, Neuseeland, Südkorea und Indien zusammenarbeiten (vgl. Nordatlantikpakt entdeckt Pazifik).

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