Nein zu "grüner Atomkraft": Appelle und Klagen gegen EU-Taxonomie
Luxemburg will sich Österreichs Klage anschließen – und Umweltverbände machen deutscher "Ampel"-Regierung Dampf
Während Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) kaum Chancen sieht, die EU-Pläne zur Einstufung von Atomkraft und fossilem Gas als nachhaltig noch ändern zu können und Kanzler Olaf Scholz (SPD) das Problem für "völlig überbewertet" hält, wollen die großen Umweltverbände die Bundesregierung nicht so einfach davonkommen lassen.
Die Verbände BUND, Campact, Deutsche Umwelthilfe, Bürgerbewegung Finanzwende, Greenpeace, IPPNW, Nabu, Umweltinstitut und Uranium Network verlangen von ihr ein klares "Nein" zur neuen EU-Taxonomie, die aus ihrer Sicht "die Energiewende bedroht und den Klimaschutz Europas massiv gefährdet". In einem am Freitag veröffentlichten Aufruf fordern sie Scholz und sein Kabinett auf, im EU-Ministerrat gegen den Vorschlag der EU-Kommission zu stimmen, Investitionen in Atomkraft und Erdgas als nachhaltig einzustufen. Wenn nötig solle die Bundesregierung gegen dieses "Greenwashing" klagen.
Sonst werde der Grundgedanke der Taxonomie als eine Art Nachhaltigkeitslabel für Finanzprodukte unterlaufen. "Investitionen würden so statt in Erneuerbare Energien und CO2-freie Flexibilitätsoptionen in fossile und atomare Technologien umgelenkt", warnen die Verbände.
Unmut auch in grüner Bundestagsfraktion
Die Bundesumweltministerin hatte am Dienstag im Bayerischen Rundfunk erklärt, sie wage zu bezweifeln, ob Vorschlag der EU-Kommission noch zu ändern oder aufzuhalten sei. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) habe sich in dieser Frage bereits im vergangenen Herbst festgelegt, so Lemke.
Eine Änderung sei nur möglich, wenn die Mitgliedsstaaten mehrheitlich Nein zu diesem Vorschlag sagen würden. Frankreich und andere Länder hätten sich klar positioniert, Es könne gut sein, dass die Mehrheitsverhältnisse daher nicht mehr zu ändern seien, so Lemke. Sie selbst sei aber dagegen. In der Bundestagsfraktion der Grünen rumort es. "Wir können dem Vorschlag der EU-Kommission nicht zustimmen. Atomkraft kann niemals nachhaltig sein", sagte deren energiepolitische Sprecherin Ingrid Nestle dem Handelsblatt.
Am 11. November hatten die Umweltministerinnen und Umweltminister von Dänemark, Deutschland, Luxemburg, Portugal und Österreich auf der 26. Weltklimakonferenz im schottischen Glasgow noch eine gemeinsame Erklärung für eine "atomfreie" EU-Taxonomie abgegeben. Zusammenfassend sei Atomkraft zu riskant, zu langsam im Ausbau und zu teuer, um mit ihr Klimaschutzziele zu erreichen, heißt es darin.
Jetzt wollen manche dieser Staaten den Klageweg beschreiten, andere nicht. Zuerst hatte nach Bekanntwerden der Entscheidung die österreichische Regierung mit einer Klage gedroht, inzwischen hat Luxemburgs Regierung angekündigt, sich anzuschließen: "Diese Taxonomie ist ein No-go", sagte Luxemburgs Umweltministerin, Carole Dieschbourg, dem Portal Table.Media. "Wir werden uns einer Klage anschließen."