Netzfragen zur Bundestagswahl: Facebook hat Fake News "absolut unterschätzt"

Seite 5: Autonome Fahrzeuge und Geoblocking

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

In absehbarer Zukunft fahren Autos in weiten Teilen autonom. Wer soll bei einem Unfall haften? Fahrzeughalter oder Autobauer?

Lars Klingbeil: Mit dem kürzlich beschlossenem Gesetz zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes haben wir den Rechtsrahmen für Automatisiertes Fahren geschaffen. Die technischen Entwicklungen im Automobilbau werden es möglich machen, dass das technische System in bestimmten Situationen die Fahrzeugsteuerung übernehmen kann. Diese automatisierten Systeme erkennen aber ihre Grenzen und fordern den Fahrzeugführer bei Bedarf zur (Wieder-)Übernahme der Fahrsteuerung auf.

Hierzu macht das Gesetz konkrete Vorgaben für das Zusammenwirken zwischen Fahrzeugführer und dem Kraftfahrzeug mit automatisierten Fahrfunktionen. So darf sich die fahrende Person nun explizit vom Verkehrsgeschehen abwenden und dem System die Steuerung übergeben, sofern sie wahrnehmungsbereit bleibt - dabei muss das Fahrzeug dem Fahrer die Rückübernahme der Steuerung mit ausreichender Zeitreserve anzeigen. So ist klar: Wenn das System fehlerhaft ist, haftet der Hersteller. Deutschland ist damit das erste Land, das für das hochautomatisierte Fahren einen rechtlichen Rahmen setzt.

Eine Blackbox, die Fahrtprofile und Verhalten von Autofahrern aufzeichnet, soll die Sicherheit der Fahrer, auch im Versicherungsfall, erhöhen. Wägen Sie Vor- und Nachteile einer solchen Einrichtung ab.

Lars Klingbeil: Es werden keine Profile erstellt, sondern es werden nur die notwendigsten Daten aufgezeichnet, um im Zweifel den Nachweis zu erbringen, ob das Fahrzeug automatisiert gefahren ist oder aber der Fahrer. Dazu zählen Standort per GPS, Uhrzeit, wer ist gefahren (Mensch/Maschine) und Daten, ob es eine Aufforderung zur Übernahme durch das automatisierte System an den Fahrer gab. Diese Daten sind notwendig, um zu klären, ob das Fahrzeug im automatisierten Betrieb gefahren ist oder nicht.

Skizzieren Sie, unter welchen Rahmenbedingungen eine Blackbox im Auto zur Verkehrssicherheit beitragen kann, ohne die Privatsphäre von Autofahrern zu kompromittieren.

Lars Klingbeil: Um im Falle eines Unfalls Schuldfragen zu klären, werden Orts- und Zeitangaben sowie die Information, ob es eine Übernahmeaufforderung gab und ob das System oder der Mensch gefahren ist, für sechs Monate gespeichert. Weitere Details zur Speicherung der Daten (Speichermedium und -ort, Adressat etc.) erfolgt über eine Rechtsverordnung, die das Bundesverkehrsministerium in enger Abstimmung mit der Beauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit zu erlassen hat.

Folgendes Szenario: Der Autobauer erhält tagtäglich tausende Fahrzeugdaten automatisch auf seinen Server und weiß genau, welches Auto bei welcher Versicherung versichert ist. Diese Gelegenheit nutzt der Autobauer und verkauft komplett alle ausgewerteten Daten über das Fahrverhalten an die entsprechenden Versicherungen weiter. Ein Szenario, welches möglicherweise noch gar nicht bedacht worden ist?

Lars Klingbeil: Datenschutz und Datensicherheit sind auch für das automatisierte Fahren und für das vernetzte Fahrzeug von grundlegender Bedeutung und zugleich zentrale Akzeptanzvoraussetzung. Das hier beschriebene Szenario wäre aus meiner Sicht rechtlich unzulässig, weil es weder eine Rechtsgrundlage noch eine Einwilligung für diese Verarbeitung von personenbezogenen Daten gibt.

Mit der Einführung des digitalen Binnenmarktes soll Geoblocking endlich abgeschafft werden. Die SPD begrüßt das Vorhaben, weshalb?

Lars Klingbeil: In Brüssel haben sich EU-Kommission, Parlament und Mitgliedstaaten darauf verständigt, dass Kunden ihre Online-Abos für Fernsehen, Sport, Musik, Bücher und Videospiele von 2018 an in der ganzen Europäischen Union nutzen können. Die SPD unterstützt dieses wichtige Vorhaben und die Abschaffung der digitalen Schlagbäume, denn in einem europäischen Binnenmarkt müssen alle EU-Bürger ihre bezahlten Online-Inhalte uneingeschränkt abrufen können.

Ist die SPD zuversichtlich, dass die Abschaffung von Geoblocking durchgeboxt werden kann, obwohl sich Rechteinhaber immer wieder erfolgreich dagegenstellen?

Lars Klingbeil: Wir sind zuversichtlich, dass Rat und Parlament diesem Vorschlag zustimmen werden, da er auch Vorgaben zum Schutz vor Missbrauch enthält.