Neuauflage der Spritpreisproteste?

Die Regierungen in Frankreich und Spanien wollen zur Entlastung Beihilfen geben, die französischen Bauern haben bereits mit Protestaktionen begonnen und verlangen die Aufhebung der Steuer auf Diesel

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Wer erinnert sich noch an die europaweiten Proteste gegen die gestiegenen Spritpreise im Jahr 2000? Nun zeichnet sich mit dem Anstieg der Preise ein ähnliches Szenario ab. Die Proteste waren vor vier Jahren in Frankreich besonders stark, deshalb will ihnen Paris mit Beihilfen die Spitze nehmen, zieht sich aber den Ärger anderer Eurostaaten zu.

Obwohl Frankreich die gestiegenen Spritpreise kompensieren will, haben die Proteste hier eine neue Stufe erreicht. Die erneuten Blockaden von Raffinerien erinnern an den Kampf von vor vier Jahren, der das Land teilweise lahmgelegt hat. Die "Jungen Bauern" (JA), Jugendorganisation der großen Bauernvereinigung FNSEA, haben begonnen, Raffinerien im Land zu blockieren. Für die Bauernjugend und für die FNSEA ist die von der Regierung versprochene Kompensation von vier Cent pro Liter Diesel nicht ausreichend, um die Kosten zu kompensieren. Sie fordern die "vollständige Aufhebung der Besteuerung auf das Bauerndiesel" ab dem 1. Januar 2005 und damit die Gleichstellung zur Fischerei.

Begonnen hat die JA mit der Blockade eines Auslieferungslagers für Kraftstoffe am Sonntag Nacht um 22 Uhr 30 in Corrèze, im Departement Haute-Vienne. Seither weitet JA die Blockaden aus. Philippe Meurs, Generalsekretär der Bauernjugend, kündigte die Blockade von 20 Raffinerien und Auslieferungslager an. Die Bauern riefen den Transportsektor auf, sich den Protesten anzuschließen, weil die Lastwagenfahrer auch unter den hohen Spritpreisen litten.

Nun sitzt die Regierung zwischen zwei Stühlen. Erst in der vergangenen Woche hatte sich das Land den Unmut der Eurostaaten zugezogen, weil es Staatshilfen angekündigt hatte. Auf dem Treffen der EU-Finanzministern in Luxemburg wurde das Land am letzten Mittwoch heftig kritisiert. Es habe sein Vorgehen nicht abgestimmt, Bauern, Spediteure und Fischer in einem Gesamtumfang von 230 Millionen Euro zu entlasten. Auch die Verbraucher sollen wegen der Energiekosten steuerlich begünstigt werden, wofür der Staat die Mehreinnahmen nutzen will, die sich aus den gestiegenen Energiepreisen ergeben. "Das Risiko einer wirtschaftlichen Verlangsamung wegen hoher Kraftstoffpreise zu verringern", müsse das Ziel sein, sagte Frankreichs Wirtschafts- und Finanzminister Nicolas Sarkozy. Seine EU-Kollegen forderte er auf, ebenfalls schnell "effektive Maßnahmen" zu beschließen.

Noch in Luxemburg tönte der spanische Finanzminister: "Die Probleme werden nicht durch Steueränderungen gelöst." Pedro Solbes erklärte: "Wenn der Preis nach oben geht, müssen wir weniger konsumieren." Doch offenbar hatte er sich nicht mit seiner Landwirtschaftsministerin abgesprochen. Denn Elena Espinosa hat ebenfalls den Bauern und Fischern Vergünstigungen von 100 Millionen Euro angeboten, um die gestiegenen Preise zu kompensieren. Doch beide Sektoren lehnten die geringe Entlastung ab. Auch viele Bauern in Spanien fordern die Aufhebung der Steuern auf den Diesel. Wie die Bauern planen auch Transportfirmen Proteste. Die Unternehmensvereinigung Cesintra lässt am Samstag ihre Mitglieder über einen Ausstand abstimmen, der bis zum 6. November dauern soll.

Madrid will nun die Hilfen auf 200 Millionen Euro aufstocken, schrieb die Zeitung El Pais heute, die über direkte Drähte in die sozialistische Regierung verfügt. Damit würde Spanien die Entlastung auf das Niveau des größeren Frankreichs anheben, gegen die der spanische Finanzminister noch letzten Mittwoch protestierte. Wie auf der iberischen Halbinsel dürfte sich die Ablehnung gegen die französischen Beihilfen schnell in Zustimmung verwandeln, wenn es wie 2000 auch in anderen EU-Staaten zu Protesten kommt.