Neue Aufregung um MH17
Journalisten brachten Fundstücke von der Absturzstelle, die bei Ankunft in den Niederlanden mitsamt allen Datenträgern beschlagnahmt wurden - und zeitgleich ist die Rede von einem russischen Hack und der russischen Bedrohung
Niederländische Journalisten sind in die Ostukraine gereist und haben mit Erlaubnis der Behörden der "Volksrepublik Donezk" die Absturzstelle von MH17 besucht. Dort haben Stefan Beck und Michel Spekkers, die sich angeblich frei bewegen konnten, Teile des abgeschossenen Flugzeugs, aber auch Leichenteile, einsammeln können, die auch nach dem Abschuss am 17. Juli 2014 weiterhin herumliegen. Als die Journalisten am 7. Januar in die Niederlande zurückreisten, wurden die Fundstücke Notebooks, die Fotos und die Smartphones beschlagnahmt.
Die Journalisten hatten schon vor der Landung über Soziale Netzwerke mitgeteilt, dass sie ihre Funde in die Niederlande mitnehmen, und gefragt, wem sie diese übergeben sollen. Angeblich wollten die beiden die Fundstücke freiwillig übergeben, was nach Polizeiangaben aber nicht geschah, sie wurden trotz Vorankündigung verdächtigt, diese ins Land schmuggeln zu wollen.
Warum darüber hinaus die Behörden alle Datenträger beschlagnahmten, lässt wiederum den Verdacht aufkommen, dass womöglich Sorge besteht, es könnten andere Erkenntnisse aufkommen als die Schlussfolgerungen, die in den Berichten gezogen wurden. Die Polizei erklärte am 8. Januar, Spekkers habe die Fotos und Filme von der Absturzstelle nicht übergeben wollen, darunter könnten sich auch "heimliche" Aufnahmen befinden. Überdies habe der Verdacht bestanden, dass nicht alle Fundstücke freiwillig ausgehändigt werden könnten. Die Polizei habe Stefan Beck, den Kollegen von Spekkers, angesprochen, als er mit dessen Rucksack bereits unterwegs zum Ausgang war.
Spekkers erklärt hingegen, Beck, der getrennt angereist war, habe irrtümlich seinen Rucksack genommen. Er habe sich sofort mit ihm getroffen, es habe keine Absicht bestanden, die Funde nicht zu übergeben, was allerdings die Polizei behauptet. Das Bildmaterial wollte er nicht herausgeben, um seine Quellen zu schützen. So ganz klar ist nicht, wer die Reise finanziert hat. In Donezk waren die beiden mit dem britischen Blogger und Filmer Graham Phillips, der, wie Spekkers sagte, von Russland bezahlt werde. Phillipps wehrt sich gegen solche Vorwürfe, so wird etwa öfter behauptet, er arbeite für RT, was er abstreitet. Er hat gerade ein YouTube-Video mit seinen Fotos über die zurückgebliebenen Wrackteile veröffentlicht.
Russland greift den Vorfall auf und unterstellt Zensur
Von russischer Seite wurde der Vorfall schnell aufgegriffen und etwa gefordert, dass die OSZE diesen prüfen sollte. Dunja Mijatovic, OSZE-Beauftragte für die Freiheit der Medien, antwortete, die Mitnahme menschlicher Leichtenteile sei kein Journalismus, die Beschlagnahmung allerdings vielleicht unverhältnismäßig.
Auch das russische Außenministerium schaltete sich ein und äußerte die Befürchtung, dass die Fundstücke einer Zensur anheimfallen könnten. Die Sprecherin Maria Zakharova erklärte am Donnerstag, dass weiterhin Wrackteile an der Absturzstelle liegen und von dem Gemeinsamen Untersuchungsteam nicht untersucht worden sei. Man habe seit 2 Jahren darauf hingewiesen, dass "sehr wichtige Wrackteile" nicht mitgenommen worden sind. Das sei nun von Journalisten aus dem Land geschehen, das die Untersuchung leitet. Man habe Sorge, dass "diese Information nicht die Öffentlichkeit in den Niederlanden und Europa" erreichen könnte. Sie sprach von der angeblich zunehmenden Nervosität in Den Haag wegen der "Inkonsistenz" der Untersuchung, weswegen die niederländische Seite versucht sein könnte, Journalisten in ihrer Tätigkeit einzuschränken, "die nur versuchen, die Wahrheit herauszufinden". Warum die Fundstücke für die Wahrheitsfindung überhaupt erheblich sein könnten, sagte sie nicht.
Dass Fundstücke konfisziert werden, verwundert nicht. Schließlich handelt es sich um den Ort eines Verbrechens, das noch nicht geklärt wurde und das den Konflikt zwischen dem Westen und Russland entscheidend mit verschärft hatte. Allerdings bleibt die Frage, warum Funde jetzt konfisziert werden müssen, nachdem unter niederländischer Leitung und aufgrund der Funde an der Absturzstelle bereits Berichte über die Absturzursache veröffentlicht wurden. Mit dem Verweis, dass die Täter vermutlich prorussische Akteure, wenn nicht russische Soldaten selbst waren.
Man sollte also vermuten, dass die Ermittler ausreichend Material gesammelt haben, um ihre Folgerungen zu belegen. Als die Recherche vor Ort stattfand, war das Gebiet noch umkämpft, die Teile waren in einem großen Gebiet verstreut. Es wundert nicht, dass Teile nicht entdeckt wurden, es gab allerdings schon länger Kritik, dass nicht lange und intensiv genug gesucht wurde.