"Nicht auf den Baum klettern!"

Seite 2: 75 Prozent der Deutschen gegen Rodung und Räumung

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Wenn aber gut 75 Prozent der Deutschen, wie eine Emnid-Umfrage ergab, gegen die Rodung und Räumung des Hambacher Forsts sind, dann scheint Reul das ganze Ding mit dem Volksempfinden plötzlich wieder vergessen zu haben.

Die rechtsradikale AfD hingegen hätte, rein der Logik nach, als Oppositionspartei punkten und die Räumung ablehnen können - immerhin ist es Heimat für viele Menschen, was hier von RWE zerstört wird, zumal es beim Tagebau ja nicht nur um den Hambacher Forst geht, sondern auch um umliegende Dörfer.

Foto: Gerrit Wustmann

Doch der Heimatfimmel der Rechten scheint nicht so wichtig zu sein wie der Kampf gegen die Aktivisten, die so ziemlich alles erfüllen, was der AfD als Feindbild gilt: Sie sind ja nicht nur Umweltschützer, sondern setzen sich auch erfolgreich für alternative Lebensentwürfe ein, sind untereinander solidarisch und wünschen sich eine offene, pluralistische Gesellschaft. "Refugees Welcome" - ein Motto, das man auch im Hambacher Forst auf Transparenten und T-Shirts finden konnte.

Da wird wieder einmal klar, was die AfD mit "Heimat" meint: Sie hat einen zutiefst rassistisch-nationalistischen Heimatbegriff - und wenn es dem ideologischen Gegner schadet, dann kann die Heimat auch ruhig mal weggebaggert werden. Eine Bankrotterklärung, wie viele es sind, lässt sich schon gar nicht mehr zählen. Und man muss es auch nicht mehr. Nicht nach Chemnitz.

Der Protest wird fortgesetzt

Die Grube, die RWE nun um den Wald herum ausheben will, könnte eine Grube sein, die der Konzern sich selbst gräbt. Einer Umfrage des Handelsblatts zufolge hat sich die Zahl derjenigen, die zu Ökostrom wechseln, im September verdoppelt, und offenbar setzt sich der Trend fort.

Sicher, es braucht viele Wechselwillige, damit sich der Wald für RWE nicht mehr rechnet. Aber auch der Protest setzt sich fort. Für den kommenden Samstag hat ein breites Bündnis aus Greenpeace, BUND, Campact und weiteren Gruppen zur Großdemo am Hambacher Forst aufgerufen. Es werden bis zu 50.000 Menschen erwartet.