"Nieder mit dem Volksverräter - Er hat das M-Wort gesagt!"

Seite 4: Die EU und die NATO

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Den Partnern der griechischen Regierung in der Europäischen Union und im Nordatlantischen Verteidigungsbündnis sind die griechischen Einsprüche gegen die Benennung des Nachbarlands weitgehend egal. Das zeigt sich vor allem am offiziellen Sprachgebrauch, bei dem die Politiker gern von Mazedonien und Mazedoniern sprechen, obwohl sie die Griechen damit brüskieren.

Nicht zuletzt zeigte der UNO-Sondervermittler Matthew Nimetz, der seit den Neunzigern im Streit vermitteln soll, was er von den Befindlichkeiten hält. Er sprach öffentlich in Interviews von Mazedonien und Mazedoniern. Zu den nun vorgestellten Lösungen zählt er fünf Namen, die eine Kombination mit "Mazedonien" als Namensbestandteil enthalten.

Nicht egal sind hingegen die wirtschaftlichen und politischen Folgen rund um den kleinen Staat. Sowohl EU als auch NATO möchten das Land gern einbinden und von eventuellem türkischem oder russischem Einfluss fern halten. Ergo soll die FYROM schnellstens in die NATO. Dafür jedoch müssen der Namensstreit samt dem bestehenden griechischen Veto aus der Welt geschaffen werden. Tsipras und Kotzias sind zusammen mit der neuen, sozialdemokratischen Regierung bereit, den dafür notwendigen Schritt zu gehen. Sie verhandeln seit Monaten unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Bislang hat Tsipras lediglich die Kirchenobrigkeit informiert.

Denn auch die griechische Kirche möchte keine Lösung, bei dem der Nachbarstaat ein "Mazedonien" im Namen führen kann. Hier bestehen zwischen der orthodoxen Kirche Griechenlands in Einheit mit dem Ökumenischen Patriarchat sogar kirchliche Dispute mit den als schismatisch angesehenen Orthodoxen im Nachbarstaat.

Medien versuchen eine Demo totzuschweigen

Die diplomatischen und politischen Streitereien in Athen haben die Demonstrationslust geweckt. Kritiker der Regierung, die Kirche, Nationalisten und Rechtsextreme haben mehrere Veranstaltungen geplant. Die große Demonstration in Thessaloniki am Sonntag wurde stundenlang von den Medien regelrecht totgeschwiegen. Als ließe sich der wiedererstarkende Nationalismus durch Verschweigen aus der Welt schaffen, wurde im Vorfeld nur von einer Demonstration weniger Tausend gesprochen. Live-Berichte, wie man sie von andere Demonstrationen kennt, gab es im griechischen Fernsehen nicht. Dies wiederum bescherte den Veranstaltern die Bestätigung der ersehnten Legende von der "Lügenpresse".

Die etablierten Medien taten sich zudem auch keinen Gefallen damit, dass sie entgegen der bislang üblichen Sprechweise den vorläufigen Namen des Nachbarstaats statt in der Abkürzung "FYROM" in voller Länge nannten. Das "M"-Wort kann auf diese Art und Weise weder hoffähig gemacht werden, noch können die Skeptiker mit dem journalistisch kaum zu erklärenden Verschweigen einer Nachricht besänftigt werden.