Nominierter EU-Kommissar unter Lobbyistenverdacht
Auf der Kundenliste der von Jonathan Hill mitbegründeten Firma Quiller stehen unter anderem Telefonica O2, die Vereinigten Arabischen Emirate und syrische Rebellen
Seit Mittwoch wird offiziell über die personelle Besetzung der neuen EU-Kommission verhandelt. Die britische Regierung hat bereits bekannt gegeben, dass sie für den ihr zustehenden Kommissarsposten den Tory-Politiker Jonathan Hill vorschlägt.
Hill stößt jedoch auf Kritik bei NGOs: Corporate Europe Observatory bemängelt, dass der "Drehtürpolitiker" in der Vergangenheit mehrfach von der Wirtschaft in die Politik und zurück wechselte: In den 1980ern Jahren war er Sonderberater des verschiedenen Ministerien vorstehenden Tory-Strippenziehers Kenneth Clarke, dann ging er zu PR-Firma Lowe Bell Communications, danach arbeitete er für den britischen Premierminister und anschließend wieder für eine PR-Firma (Bell Pottinger Communications). 1998 gründete er die Firma Quiller Consultants mit, danach wurde er Bildungsstaatssekretär und schließlich Kabinettsvertreter des britischen Oberhauses.
Den Registerangaben dieses House of Lords zufolge hält der dort als "Lord Hill of Oareford" geführte Kommissarskandidat Anteile an der Firma Huntsworth plc, die Quiller vor acht Jahren für fast sechs Millionen Pfund aufkaufte. Darüber hinaus gehört Huntsworth auch die Lobbyfirma Grayling. Fragen dazu, wie viele Anteile er an Huntsworth hält und wie viel diese wert sind, beantwortet Hills Büro nicht.
Dieses Eigentumsverhältnis ist deshalb besonders problematisch, weil auf Quillers Kundenliste unter anderem der Telekommunikationskonzern Telefonica O2, die Großbank HSBC, die Vereinigten Arabischen Emirate und syrische Rebellen stehen. Wird Hill tatsächlich EU-Kommissar, sind deshalb zahlreiche Interessenskonflikte denkbar - zum Beispiel dann, wenn es um einen Routerzwang, Sanktionen gegen Terrorhelfer oder einen möglichen Militäreinsatz im Nahen Osten geht.
Aus solch einem Interessenskonflikt kann leicht eine Begünstigung werden. Ganz besonders groß ist dieses Risiko, wenn ein Politiker schon in der Vergangenheit im Ruch solch einer Begünstigung stand, wie das bei Hill der Fall ist: Der Daily Telegraph warf ihm im letzten Jahr vor, dass er als britischer Bildungsstaatssekretär zugunsten eines Verkaufs von Schulgrundstücken an die Supermarktkette Tesco intervenierte, die damals zu den Kunden der Firma Quiller zählte.
Den britischen Premierminister David Cameron bringen die Vorwürfe in Verlegenheit - auch deshalb, weil sie Aufmerksamkeit auf die engen Verbindungen lenken, die Quiller mit anderen Tory-Politikern pflegt. Und weil Cameron im Februar 2010 die engen Verbindungen der damals regierenden Labour-Partei mit Lobbyisten scharf angegriffen hatte. Damals versprach er, dem Missstand, "der die britische Politik schon viel zu lange befleckt", ein Ende zu setzen.
An diese Rede - so Corporate Europe Observatory - werden einige der Europaabgeordneten bei der Kandidatenanhörung im September Cameron möglicherweise erinnern, falls Hill bis dahin der britische Kommissarskandidat bleiben sollte.
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