Northvolt-Pleite: Wenn Europas Batterie-Träume platzen
Batteriehersteller Northvolt steht vor dem Aus: Mit sechs Milliarden Schulden beantragt er Gläubigerschutz. Folgen für Europas E-Auto-Zukunft unklar.
Es sollte die europäische Antwort auf die asiatische Batteriedominanz werden. Doch nun steckt das einstige schwedische Vorzeige-Startup Northvolt in einer existenziellen Krise. Mit nur noch Bargeld für eine Woche auf den Konten beantragte der angeschlagene Batteriehersteller am Donnerstag Gläubigerschutz nach dem amerikanischen Insolvenzrecht Chapter 11, wie das Unternehmen mitteilte.
Scheitern der Rettungsverhandlungen zwingt Northvolt in die Knie
Dem drastischen Schritt waren monatelange Verhandlungen mit Investoren, Kunden und Kreditgebern vorausgegangen. Northvolt bemühte sich verzweifelt um eine Rettungsfinanzierung, um über die Runden zu kommen. Doch die Gespräche scheiterten.
Northvolt verfügte über rund 30 Millionen US-Dollar an verfügbaren Barmitteln und 5,84 Milliarden US-Dollar an Schulden, wie laut Bloomberg aus dem Insolvenzantrag hervorgeht. Damit gehört Northvolt laut Bloomberg zu den am höchsten verschuldeten Unternehmen, die in diesem Jahr in den USA Insolvenz angemeldet haben.
Von Europas Batterie-Hoffnung zum Milliardengrab
Northvolt galt lange Zeit als große Hoffnung für eine unabhängige europäische Batterielieferkette. Seit seiner Gründung 2016 sammelte das Unternehmen rund zehn Milliarden US-Dollar an Fremd- und Eigenkapital ein, um zum Vorreiter der hiesigen Batterieproduktion zu werden.
Doch eine Serie von Rückschlägen machte den hochfliegenden Plänen einen Strich durch die Rechnung: Hochlaufprobleme im Stammwerk nahe dem Polarkreis, Nachfrage-Einbrüche bei Elektroautos, wachsender Preisdruck durch die asiatische Konkurrenz. Als im Juni der Großkunde BMW einen Milliardenauftrag stornierte, spitzte sich die Lage dramatisch zu.
Northvolt reagierte mit Sofortmaßnahmen: Ein Viertel der 8.000 Mitarbeiter wurde entlassen, der Ausbau des Stammwerks auf Eis gelegt. Doch der Kollaps war nicht mehr abzuwenden. "Ich hätte wohl früher die Notbremse ziehen sollen", räumt Northvolt-Gründer Peter Carlsson ein.
Warten auf den weißen Ritter
Um sich neu zu positionieren, setzt Northvolt nun auf einen starken Partner. "Die Zusammenarbeit mit einem oder mehreren langfristigen strategischen oder Finanzinvestoren" sei das oberste Ziel, betonte Unternehmensberater Scott Millar von Teneo laut Bloomberg. Auch eine Übernahme sei denkbar.
Doch die Suche dürfte sich schwierig gestalten. Denn das Schicksal von Northvolt ist kein Einzelfall, sondern symptomatisch für die Probleme der jungen europäischen Batterieindustrie. Gegen die etablierte Konkurrenz aus Asien sei sie schlicht nicht konkurrenzfähig, sagen demnach Branchenexperten.
Es ist aber auch nicht auszuschließen, dass die Marktsituation in den zurückliegenden Jahren zu rosig eingeschätzt wurde. Bereits im Jahr 2021 gingen Prognosen von Überkapazitäten bei den Batteriefabriken in Europa aus. Damals wurde der Bedarf an Produktionskapazitäten auf 900 Gigawattstunden geschätzt. Alle geplanten Fabriken hatten damals aber eine Kapazität von 1.200 Gigawattstunden.
Von der Unternehmensberatung Roland Berger hieß es damals, dass es eine von Steuergeldern aufgeblähte Blase gebe. Und es sei die Wahrscheinlichkeit gegeben, dass sie platze. Schließlich arbeite eine Batteriefabrik nur wirtschaftlich, wenn sie zu 90 Prozent ausgelastet sei.
Europas E-Auto-Ambitionen in Gefahr
Die Insolvenz von Northvolt ist ein herber Rückschlag für die europäische Elektromobilitätsstrategie. Die Abhängigkeit von asiatischen Batterieherstellern dürfte weiter zunehmen. Dies könnte nach Ansicht von Experten auch den geplanten Umstieg auf Elektroautos verlangsamen und verteuern.
Die Politik ist alarmiert. Man werde weiterhin eine "lebensfähige Batterieindustrie und den grünen Wandel" unterstützen, versprach Schwedens Vize-Regierungschefin Ebba Busch. Auch Berlin hat sein Engagement für Northvolt bekräftigt. Doch ob das reicht, um die ehrgeizigen Klima- und Industrieziele zu retten, ist fraglich.