Preiskrieg mit China: Verliert Europa auch bei E-Auto-Batterien den Anschluss?
- Preiskrieg mit China: Verliert Europa auch bei E-Auto-Batterien den Anschluss?
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China wie Nordamerika drohen Deutschland, Frankreich und Co. abzuhängen. Das liegt an industrieller Planlosigkeit, und ist nicht nur ökonomisch schädlich.
Wie schon bei der Solar, Elektro- und Chipindustrie droht Europa auch bei der Produktion von Batterien für Elektroautos ins Abseits zu geraten. Der Druck kommt dabei von Ost wie von West.
So senken chinesische Unternehmen, die Batterien herstellen, die Kosten weiter. In den USA lockt derweil der Staat unbürokratisch mit lukrativen Subventionen.
Bei Batterieproduktion auf die Bremse treten
Währenddessen fahren europäische Autokonzerne wie Volkswagen, Stellantis (mit Sitz in den Niederlanden, ging aus der Fusion aus Fiat Chrysler und PSA Group hervor) und Mercedes-Benz ihre Batterieprojekte zurück. Demnach sieht es danach aus, dass VW mit seinen Batteriefabriken, von denen eine in Salzgitter im nächsten Jahr mit der Produktion starten soll, auf absehbare Zeit nicht volle Kapazität erreichen wird, wie es vom Konzern heißt.
Der VW-Plan für die Batteriesparte PowerCo umfasst 20 Milliarden Euro, drei Standorte (Salzgitter, Spanien und Kanada) und soll bis 2030 eigentlich Batterietechnik für rund drei Millionen E-Autos liefern, was insgesamt 20.000 Arbeitsplätze schaffen würde.
Auch bei Stellantis und Mercedes-Benz (sie kooperieren bei Batterien in der Automotive Cells Company, ACC) tritt man auf die Bremse und hat die Arbeiten an zwei Batteriefabriken für Elektrofahrzeuge in Kaiserslautern und Italien auf Eis gelegt.
Zusammen mit einer weiteren Produktionsstätte in Frankreich umfasst das Gesamtinvestment von ACC sieben Milliarden Euro. Jetzt will man angesichts der nachlassenden Nachfrage nach E-Autos erst einmal nach einem Weg suchen, um kostengünstigere Batteriezellen herstellen zu können.
Ist Northvolt in Schleswig-Holstein ein "Gamechanger"?
Auch andere Batterie-Hersteller haben Schwierigkeiten, in Europa Fuß zu fassen. Für Northvolt, dem größten und vielversprechendsten Produzenten des Kontinents, gab es jüngst schlechte Nachrichten. BMW hat einen Zwei-Milliarden-Euro-Auftrag wegen Qualitätsproblemen storniert. Es hat zudem bei Northvolt Verzögerungen beim Hochfahren der Produktion gegeben.
Dabei wurde vor drei Monaten feierlich in Schleswig-Holstein der erste Spatenstich für eine Northvolt-Gigafabrik gesetzt: 4,5 Milliarden Euro Investitionen (inklusive 900.000 Euro an Subventionen von Bund und Land), eine Kapazität von 60 Gigawattstunden, was ausreicht, um eine Million E-Autos mit Batterien auszustatten, 3.000 neue Jobs. Der größte Anteilseigner des schwedischen Herstellers ist VW, aber auch BMW und Siemens sind an dem Unternehmen beteiligt.
Ob die Fertigungsstätte jedoch, wie mit Blick auf die Region bezeichnet, ein "Gamechanger" auch für die europäische Batterieproduktion darstellt, ist eher fraglich. Denn Europa hat mit diversen Problemen zu kämpfen, die hausgemacht sind.
Einerseits hat China den Kontinent längst mit deutlich billigeren Batterien überholt (sie sind mehr als 40 Prozent billiger als der globale Durchschnitt), da Europa weiter auf Verbrennungsmotoren setzte und den technischen Anschluss verlor.
China auf der Überholspur
Das Land kontrolliert heute mehr als 80 Prozent des weltweiten Markts. Und man setzt weiter auf technologische Innovation, indem man umweltfreundliche Speicher entwickelt, die hohe Reichweiten mit mehr als 1.000 Kilometer haben.
Dabei konnte zudem die Qualität von den sehr günstigen Speicherzellen, die ohne Kobalt oder Nickel arbeiten, stark verbessert werden. Das hat auch ACC zum Nachdenken gebracht, ob man nicht auf Lithium-Eisenphosphat umschwenken sollte.
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Andererseits sind die USA und Kanada im Vorteil gegenüber Europa, weil dort leicht zugängliche Subventionen und Steuererleichterungen Batterieproduzenten an sich ziehen. Auch Northvolt oder das norwegische Unternehmen Freyr Battery sind von den günstigen Umständen des Inflation Reduction Act der Biden-Regierungen in den Vereinigten Staaten bereits angelockt worden.
Es fehlt in Europa auch an Geld
2019 hatten Deutschland und Frankreich angekündigt, mit vielen Milliarden die Batterieherstellung in Europa nach vorn zu bringen. Davon ist heute jedoch nicht viel zu sehen.
Weniger als sieben Milliarden Euro haben die EU und Großbritannien seit Anfang 2022 für Hilfen im Batteriesektor bewilligt. Nach Bloomberg stellt das nur einen winzigen Bruchteil der benötigten Summe dar, die geschätzt bei 140 Milliarden Dollar liegt, um das Ziel von 1,4 Terawattstunden Batterieproduktionskapazität bis 2030 zu erreichen.
Dagegen würden die USA bis 2029 Steuergutschriften in Höhe von schätzungsweise 160 Milliarden Dollar für Solar- und Batteriezellen ausgeben. Kanada habe im vergangenen Jahr 25 Milliarden Dollar für Batterieanreize bereitgestellt und damit Investitionen von Unternehmen wie Volkswagen und Stellantis angelockt. Tom Einar Jensen, Mitbegründer von Freyr Battery warnt davor, in die nächste Energiefalle zu laufen:
Europa muss wirklich aufwachen und eine vernünftige Antwort geben. Wenn Europa von der Abhängigkeit von russischem Gas zu einer Abhängigkeit von ausschließlich aus China importierten Batterien übergehen will, wäre das eine Diskussion, die gegenwärtig stärker geführt werden sollte.