Nur Truppen und kein Geld?

Noch werden die Kriegskosten für die USA monatlich auf eine 1 Milliarde US-Dollar geschätzt, aber das könnte schnell mehr werden

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Kriege, die man aus der Ferne und im wesentlichen aus der Luft führt, haben nicht nur den Vorteil, dass sie das Leben der eigenen Soldaten weniger gefährden, ist einmal die Lufthoheit gewonnen, sondern dass sie auch billiger als der Einsatz von Bodentruppen kommen. Noch gehen Schätzungen davon aus, dass der Krieg in Afghanistan die USA monatlich 1 Milliarde Dollar kostet.

Abschuss einer Tomahawk

Bislang waren es eher die Fehlschläge bei der Bombardierung der Taliban, die fehlende Transparenz oder auch die wachsende Kritik überhaupt am Krieg gegen den internationalen Terrorismus der die US-Regierung in Zugzwang gebracht hat, sich besser um die Front im Propagandakrieg zu kümmern. Wieder einmal versuchte die US-Regierung so, Hollywood als mächtige globale Unterhaltungsmaschine zu verpflichten, eine pro-amerikanische Botschaft in die Welt zu tragen. Am Sonntag traf sich so Karl Rove, der höchste politische Berater von George W. Bush mit Vertretern der Filmindustrie. Er stellte ihnen das al-Qaida-Netzwerk im Detail vor, was manche der Anwesenden auch wirklich zu beeindrucken schien.

Schon zuvor hatte man sich an Hollywood um Unterstützung gewandt (Krieg ist die Fortsetzung der Blockbuster mit besseren Mitteln), ebenso wie man die Medien davon zu überzeugen suchte, sich nicht in den Dienst der gegnerischen Propaganda nehmen zu lassen, indem ungekürzte bin-Ladin-Videos ausgestrahlt werden (US-Regierung im Medienkrieg). Die könnten nämlich, so damals die Begründung, versteckte Botschaften enthalten. Mittlerweile hat man mit mehreren Kampagnen, der Heranziehung einer Werbeagentur (Werbeagentur soll für besseres Image sorgen) oder der Ernennung einer neuen Verantwortlichen für die Öffentlichkeitsarbeit (Zur Aufrüstung der Wahrheit) neue Wege ausprobiert.

Bei der letzten Zusammenkunft bat man offensichtlich die Unterhaltungsindustrie darum, doch bei der Verbreitung der Botschaft mitzuhelfen, dass der Krieg eine Selbstverteidigungsmaßnahme der USA darstellt. Jack Valenti, Präsident der Motion Picture Association of America (MPAA) und Mitorganisator des Treffens, beteuerte, man wolle "den Millionen von Muslims in der Welt deutlich machen, dass dies kein Angriff auf die Muslims ist. Dies ist ein Angriff auf die Menschen, die Unschuldige töten." Konkret wurde offenbar nichts vereinbart, Roves bat offenbar nur darum, so schnell als möglich neue Filme wie "The Lord of the Rings" oder "Harry Potter and the Sorcerer's Stone" an die Soldaten zu liefern. Dabei zitierte er den Kapitän des Flugzeugträgers Theodoore Roosevelt, der gesagt hatte: "Wir haben eine Menge von Filmen, aber die sind alt, und wir haben sie schon oft gesehen."

Möglicherweise müsste sich Hollywood aber auch innenpolitisch zur Rechtfertigung des Kriegs engagieren, sollte er länger gehen, eine wachsende Menge an Bodentruppen einbeziehen und möglicherweise noch andere Angriffsziele einschließen. Dann wird es nämlich wirklich teuer - und bislang versuchen die Alliierten nicht wie einst im Golfkrieg, ihren Hauptbeitrag in Geld zu leisten, sondern indem sie selbst Truppen stellen (was ihnen möglicherweise auch, will man zynisch sprechen, billiger kommen könnte). Beim Golfkrieg haben die Alliierten der USA wie Deutschland und die arabischen Staaten 90 Prozent der Kosten in Höhe von 60 Milliarden Dollar getragen.

Wie die New York Times berichtet, erwartet das Pentagon, dass der Krieg in Afghanistan in der ersten Zeit etwa eine Milliarde Dollar kosten wird. Bislang sind kaum Bodentruppen im Einsatz. Als Kosten firmieren lediglich die über den normalen Betrieb hinausgehenden Operationen. Dem Kongress teilte das Pentagon mit, man benötige 3.8 Milliarden Dollar für die erste drei Monate. Allerdings hatte das US-Verteidigungsministerium bereits 20 Milliarden Dollar aus dem Topf von insgesamt 40 Milliarden erhalten, der nach den Anschlägen vom Kongress für dringende Maßnahmen bewilligt wurde. Damit sollten aber auch neue Systeme wie Überwachungsflugzeuge oder der Ausbau der Geheimdienste und nicht nur der Kriegseinsatz finanziert werden. Doch scheinen manche im Pentagon nach der Washington Post schon zu bezweifeln, ob das Geld überhaupt lange reichen wird, wenn der Kriegseinsatz ausgebaut wird. Dann müsse man nicht mit linear, sondern mit exponentiell zunehmenden Kosten rechnen.

Schon beginnen manche Politiker wie der Demokrat Norm Dicks zu fordern, dass die Alliierten sich nicht nur mit Truppen beteiligen: "Werden unsere Alliierten beginnen, Geld aufzubringen, oder werden sie nur Truppen und Schiffe schicken? Eine Maß für den Grad ihrer Unterstützung wird dieses Mal sein, wie viel Geld sie bereit sein werden, dafür aufzubringen."

Das Center for Strategic and Budgetary Assessments (CSBA) hatte bereits Anfang Oktober auf dem Hintergrund des Golf- und Kosovokriegs versucht, eine Kosteneinschätzung für den Krieg in Afghanistan vorzunehmen (Weltbevölkerungsfond der UN mahnt die reichen Länder). Allerdings sei die Schätzung der militärischen Kosten nicht nur an sich schwierig, sondern in diesem Fall noch problematischer, weil das US-Militär wesentlich weniger Informationen als bei den vorherigen Einsätzen der Öffentlichkeit zugänglich gemacht habe.

Während der Operation Desert Storm flog die Luftwaffe 35.000 Einsätze, was 15 Milliarden Dollar gekostet habe. In den ersten drei Wochen seien in Afghanistan 1.600 Einsätze (200 Bomber und 1.400 Kampfflugzeuge) geflogen worden, was etwa 700 Millionen Dollar gekostet haben könnte. Eine Flugstunde des F/A-18 Kampfbombers, der von Flugzeugträgern startet, kostet in der Stunde ungefähr 5.000 Dollar, eine Stunde Flug mit einer B-1 oder B-52 schon 10.000 Dollar. Wegen der langen Flugzeiten schätzt CSBA die reinen Flugkosten in den ersten Wochen auf 150 Millionen Dollar. Munition wie die bis dahin gestarteten 90 Tomahawk-Raketen (1 Million Dollar pro Stück), hätten noch einmal dasselbe ergeben. Insgesamt ergäbe das mit den Kosten der Bodentruppen, der Nationalgarde und den Reservisten in den USA und den unbekannten Kosten wie beispielsweise dem Einsatz von Aufklärungsflugzeugen an die 800 Millionen Dollar für drei Wochen. Würde man sich an den Kosten orientieren, die während des Kosovo-Kriegs mit 8.500 Einsätzen bei etwa drei Milliarden Dollar lagen, käme die CSBA hingegen auf 400-600 Millionen Dollar.