Nur jeder 6. US-Bürger weiß, wo die Ukraine genau liegt
Nach einer Umfrage scheint die Neigung, eine militärische Intervention zu begrüßen, mit wachsender (geografischer) Unkenntnis zuzunehmen
Die US-Regierung übt wegen der Ukraine enormen Druck auf die EU und Russland aus. Dabei geht es darum, das transatlantische Bündnis wieder zu festigen und Russland zu isolieren und zu schwächen. Auch wenn realpolitisch versucht wird, die Krise diplomatisch zu in den Griff zu kriegen, scheint man medienkonform gerne wieder die alte Auseinandersetzung zwischen Ost und West zu inszenieren, auch wenn sich das Interesse längst auf Asien und Afrika verschoben hat. Aber wie sehen das die Amerikaner?
Nach Umfragen sagen Zweidrittel der Amerikaner, dass sie die Geschehnisse um die Ukraine verfolgen. Das scheint aber nicht zu bedeuten, dass sie viel darüber wissen, viele sind auch nicht in der Lage zu sagen, wo sich die Geschehnisse abspielen. Aus anderen Umfragen geht hervor, dass mit der Ukraine-Krise das Ansehen von Putin und Russland in den Keller ging. Von 1999 bis Mitte des letzten Jahres betrachtete eine Mehrheit Russland als Alliierten oder Freund. Das machten Ende März nur noch 26 Prozent, während 68 Prozent Russland als Feind ansahen.
Nach einer von Politologen der Harvard und Princeton University Ende März durchgeführten Umfrage weiß gerade einmal jeder sechste Amerikaner (16%), wo die Ukraine ist, kann also das Land auf einer Landkarte identifizieren. Die Wissenschaftler baten, die Lage auf einer hoch aufgelösten Karte anzuklicken.
Interessant ist der Umstand, dass der Wunsch, die USA möge in den Konflikt militärisch intervenieren, offenbar desto stärker ist, je weiter die Lokalisierung der Ukraine geografisch verfehlt wird. Man kann davon ausgehen, so die Autoren, dass Menschen, die die Ukraine in Osteuropa lokalisieren, besser informiert sind als solche, die das Land in Südamerika oder im Indischen Ozean vermuten. Einige haben die Ukraine sogar in den USA, Kanada oder Alaska angesiedelt. Wer also nicht einmal weiß, wo ungefähr die Ukraine liegt, dürfte auch wenig Kenntnis darüber haben, warum hier jetzt eine militärische Intervention notwendig wäre und was sie bewirken würde.
Die Meisten lokalisierten die Ukraine zwar irgendwo in Europa oder Asien zwischen Portugal und Kasachstan, Sudan und Finnland, aber durchschnittlich 2.900 km entfernt. Die Jüngeren sind treffsicherer als die Älteren, Männer eher als Frauen, "Unabhängige" eher als Demokraten und Republikaner, die mit einem College-Abschluss besser als die ohne, aber auch von letzteren wussten 77 Prozent nicht dir richtige Lage. Die Wissenschaftler wollten aber eben nicht nur herausfinden, wie gut oder die schlecht die geografischen Kenntnisse sind, sie wollten sehen, ob Informationen, die Menschen haben oder nicht, auch ihre Einstellung beeinflussen, wie die US-Regierung handeln soll.
Allgemein sind die meisten Amerikaner unentschlossen, wie in der Ukraine-Krise gehandelt werden sollte. Klar ist aber dennoch, dass sie eher für nichtmilitärische Lösungen sind. So sind 45 Prozent zwar für einen Ausschluss Russlands aus dem G8-Gipfel, sprechen sich also für einen G7-Gipfel aus, aber nur 13 Prozent befürworten eine militärische Intervention. Aber je weiter die Befragten die Ukraine von ihrem geografischen Ort weg platzieren, desto eher sind sie für eine militärische Intervention. Und je stärker sie für eine militärische Intervention sind, desto höher schätzen sie die Bedrohung von US-Interessen durch Russland ein und desto sicherer sind sie, dass der Einsatz von Gewalt den nationalen Sicherheitsinteressen dient. Seltsamerweise ist das allgemein so, auch wenn man den Bildungsgrad berücksichtigt. Je ungenauer die Kenntnisse, desto aggressiver wünscht man sich anscheinend den Auftritt der US-Regierung oder glaubt an eine Lösung durch Gewalt.