Nur noch eine Zeitzone - weltweit?

Bild. Qimono. Lizenz: Pixabay

In der EU gibt es aktuell drei Zeitzonen, künftig möglicherweise sogar vier. Da kommt die Frage auf, ob eine weltweite Zeitzone nicht besser wäre

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Derzeit gibt es innerhalb der EU drei Zeitzonen, die sich jeweils um eine Stunde unterscheiden. Zweimal pro Jahr wird die Zeit um eine Stunde vor- oder zurückgestellt. Diese Umstellung soll beendet werden und jedes EU-Mitgliedsland dann entscheiden können, ob es die Standard- oder Winterzeit beibehält oder ganzjährig auf die Sommerzeit umstellt, was dann im Westen ganzjährig eine zusätzliche Zeitzone hervorbringen würde. Die üblichen Arbeits-/Bürozeiten könnten dann innerhalb der EU um vier Stunden abweichen. Wenn die Portugiesen und die Iren mit ihrer Arbeit beginnen, gehen die Beschäftigten im Osten der EU dann in die wohlverdiente Mittagspause.

So wird die EU, die ja einen gemeinsamen Wirtschaftsraum schaffen wollte, wieder zum Flickenteppich, weil jedes Land für sich entscheiden kann, welcher Zeitzone es angehören will. Aus historischen Gründen muss man beispielsweise auf der iberischen Halbinsel bei einer Reise von Spanien nach Portugal die Uhr um eine Stunde zurückstellen, weil Franco aus Sympathie zu Hitler-Deutschland im Jahre 1942 in der gleiche Zeitzone sein wollte und man seit damals keine Zeit oder Gelegenheit finden konnte/wollte, dies rückgängig zu machen.

Da sich die Bevölkerung in den einzelnen Zeitzonen jedoch im Wesentlichen an dem Stand der Sonne orientiert, unterscheidet sich der Tagesablauf nur durch die Angabe der jeweils geltenden Uhrzeit. Somit unterscheidet sich der Tagesablauf der Portugiesen, der Iren oder der Spanier, die alle in der faktisch gleichen Zeitzone in Bezug auf den Sonnenstand leben, nur hinsichtlich der Zahlenangaben. Wenn man den Zeitzonen-Flickenteppich vermeiden will, könnte man jetzt das gesamte Zeitzonenmodell überarbeiten und dabei zu einer verbesserten Synchronisation der Zeiten beitragen, welche die Kommunikation zwischen Beschäftigten in den unterschiedlichen Zeitzonen erleichtern könnte.

Die Arbeit in unterschiedlichen Zeitzonen soll mit durchschnittlich 11 % weniger Handel einhergehen. Die vorliegenden Untersuchungen zu den Vor- und Nachteilen des Zeitzonenmodells stammen jedoch noch aus einer Zeit, als die Kommunikation mehrheitlich per Telefon und nicht per E-Mail erfolgte. Auf der anderen Seite kann es durchaus anstrengend sein, wenn man sich in internationalen Arbeitsgruppen auf Telefon- und Videokonferenzen mit Teilnehmern in Europa, den USA und China oder Japan abstimmen muss.

Der Vorteil der derzeitigen Zeitzonen liegt in der Praxis jedoch darin, dass die faktische tägliche Arbeitszeit an einem Projekt gut verdreifacht werden kann, wenn die einzelnen Arbeitsschritte sinnvoll auf die einzelnen Zeitzonen verteilt werden. Schreibe ich einen Beitrag für Telepolis beispielsweise in Südostasien, bin ich fünf bis sechs Stunden voraus und kann zum Arbeitsbeginn in Deutschland liefern. Zu Zeiten, als die großen Versandhäuser noch Kataloge produziert haben, waren die einzelnen Produktionsschritte auch um den Erdball verteilt, was die Produktionszeiten letztlich auf ein gutes Drittel reduziert hatte.

Die Globalisierung der Wirtschaft fordert eine Globalisierung der Zeit

Derzeit scheint jedoch die Forderung nach einer Globalzeit die Oberhand zu gewinnen, weil diese für den Handel mit Hardware den Vorteil bieten könnte, dass man Lieferzeiten ohne Umrechnung auf die jeweilige Ortszeit berechnen könnte. Will man jedoch auch die Arbeitszeiten nicht mehr vom Sonnenstand abhängig machen, sondern an die Globalzeit binden, würde sich für einen beträchtlichen Teil der Beteiligten die Nachtarbeit zum Standard entwickeln.

Dabei hängt es natürlich in erster Linie davon ab, welche Zeitzone hier als Referenz herangezogen würden. Gerne wird hier die Greenwich Mean Time (GMT) als Standard vorgeschlagen, was für Europa eine deutliche Nähe zum Sonnenstand bieten würde, für die USA und China jedoch nicht. Was spräche im Übrigen dagegen, die weitestgehend menschenleere Datumsgrenze für die Globalzeit heranzuziehen? Die wurde ja nicht grundlos dorthin verlegt.

Da es sich jedoch in der täglichen Praxis gezeigt hat, dass sich die Menschen eher am Sonnenstand als am Uhrzeiger orientieren, verspricht die Einführung einer Globalzeit für das tägliche Leben nicht wirklich Vorteile, weil die Arbeitszeiten im Laufe der Drehung der Erde sich weiterhin am Stand der Sonne orientieren werden und sich lediglich die nominellen Angaben verändern würden, was zwar einige Umstellungen bedingen würde, die Vorteile im Rahmen einer weltweiten Synchronisation der Zeit auf die Fertigung und hier speziell auf die Just-in Time-Lieferungen konzentrieren würden.

Die Kommunikation zwischen Menschen würde sich bei einer einzigen Zeitzone nicht wirklich verändern, nur weil man bei einer Terminabsprache die Zeitzone nicht mehr als Bezugspunkt angeben müsste. Letztlich müsste man die Arbeitszeiten der jeweiligen Gesprächspartner auch mit den Uhrzeiten am eigenen Standort koordinieren. Und dazu muss man wissen, wann die üblichen Arbeitszeiten in den jeweiligen Region der Gesprächspartner beginnen und enden. Die klassische Angabe von klar definierten Zeitzonen sollte da noch immer der einfachste und effizienteste Weg sein.

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