Obama-Besuch: "Er kommt in Ihr Wohnviertel"
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Strenge Sicherheitsvorkehrungen begleiten den Besuch Barack Obamas in Hannover. Die Bewegungsrechte tausender Anwohner werden stark eingeschränkt
Privater Besuch muss angemeldet werden, am Fenster stehen ist unerwünscht, Kinder dürfen nicht im Garten spielen … Wenn am Sonntag US-Präsident Barack Obama nach Hannover kommt, gelten scharfe Sicherheitsbestimmungen. Besonders die Menschen im Viertel am Zoo bekommen dies zu spüren. Ihre Bewegungsrechte werden für einen Tag stark beschnitten. Im Kongresszentrum, das in diesem Stadtteil liegt, eröffnet Obama die Hannover-Messe.
Die Vereinigten Staaten von Amerika sind in diesem Jahr das Partnerland der Hannover-Messe. Aus diesem Anlass wird US-Präsident Barack Obama am Sonntag in die niedersächsische Landeshauptstadt kommen und gegen 18 Uhr die große Industrieschau mit Bundeskanzlerin Angela Merkel eröffnen.
Bereits mittags wird er auf dem Flughafen Langenhagen bei Hannover erwartet und dort mit "militärischen Ehren" empfangen. Spätestens dann wird bei den Sicherheitskräften vor Ort höchste Alarmbereitschaft herrschen. Mit einem massiven Aufgebot wollen Polizei, Bundeskriminalamt (BKA) und Secret Service den US-Präsidenten vor jeder möglichen Gefahr in Hannover schützen.
Mindestens 5000 Polizisten sollen laut Medieninformationen im Einsatz sein. Die Polizei selbst macht hierzu jedoch keine konkreten Angaben. Polizeisprecher Andre Puiu sprach gegenüber Telepolis aber von einer deutlich im vierstelligen Bereich liegenden Anzahl Polizisten.1 Ihm zufolge handelt es sich dabei "zweifelsohne um einen der größten Einsätze in der Geschichte der Polizeidirektion Hannover". Die Polizei selbst spricht von "herausragend hohen Sicherheitsvorkehrungen". Bereits seit Februar gebe es einen Vorbereitungsstab, teilte Polizeisprecherin Martina Stern auf Telepolis-Anfrage mit. BKA und Secret Service seien in die Planungen eingebunden gewesen.
In Teilen der niedersächsischen Landeshauptstadt gelten schon in den Tagen vor Obamas Ankunft "sicherheitsrechtliche Ausnahmeregelungen". Drei Sicherheitsbereiche haben Polizei und Stadt auf Grundlage des niedersächsischen Gefahrenabwehrgesetzes eingerichtet.2 Diese Sperrgebiete werden der Flughafen, das Zooviertel sowie ein Luxushotel im Stadtteil Isernhagen sein, in dem Obama allem Anschein nach übernachten wird. Auch auf dem Messegelände und rund um das Schloss Herrenhausen gibt es Sperrzonen.
In den betroffenen Gebieten wurden bereits Wochen zuvor rund 2000 Gullydeckel von Polizisten verklebt und handschriftlich versiegelt. Dies sei nötig, erläuterte Gerd Lewin, Chef der hannoverschen Polizeiinspektion Ost, auf Telepolis-Nachfrage bei einem Informationsabend. In den Kanalschächten könne schließlich alles Mögliche deponiert werden.
Polizei kontrolliert Gastgeber und Privatbesuch
Mehr als 3000 Anwohner in den Sperrgebieten hat die hannoversche Polizei durch Schreiben über die Einschränkungen informiert. Allein 1800 davon leben im Zooviertel, wo der US-Präsident im Kongresszentrum (HCC) die Messe eröffnen wird. Diese Anwohner treffen die Sicherheitsvorkehrungen zum Obama-Besuch am härtesten. Das Stadtviertel ist bereits ab Sonnabend, 8 Uhr, nur noch über Checkpoints mit Personen- und Fahrzeugkontrollen erreichbar. Es gibt umfangreiche Halteverbotszonen. Die Straßenbahn fährt das Viertel am Sonntag gar nicht mehr an. Der dort liegende Stadtpark wird geschlossen.
Auch privater Besuch für den Sonntag musste von den Anwohnern schon Wochen zuvor angemeldet werden. Die Polizei überprüft Gastgeber und Besucher im Vorhinein. Wer nicht dort wohnt und nicht angemeldet ist, darf auch nicht in das Zooviertel hinein. "Bislang haben wir rund 100 Anmeldungen vorliegen", sagte Polizeivizepräsident Thomas Rochell bei einem Informationsabend für Anwohner in dem Stadtteil. "Die meisten betreffen die Seniorenresidenz." Der Besuch müsse am Sonntag vor 14 Uhr ankommen und darf den Sperrbereich erst nach 22 Uhr wieder verlassen, so die Vorgabe.
"Wir wollen ihnen nur das zumuten, was unbedingt sein muss", sagte Rochell den Betroffenen. Die Polizei habe zuvor sogar intensiv diskutiert, ob nicht das komplette Viertel geräumt werden sollte, erklärt er. Die Menschen wären dann in Hotels untergebracht worden. Doch die Polizei hätte dann auch jede Wohnung kontrollieren müssen, ob sie wirklich leer ist, erläuterte der Einsatzleiter des Vorbereitungsstabes. Der Plan wurde schließlich verworfen.