Öl-Embargo: "Taskforce" lässt Menschen in Schwedt hängen

Zum zweiten Mal trat die Arbeitsgruppe zusammen, auf die eine ganze Region hofft. Doch wieder gab es keine Ergebnisse. Ein Kommentar.

Es muss frustrierend für die Menschen in der Uckermark und in Schwedt sein, wenn sie auf das politische Berlin schauen: Dort wird über ihr Leben, ihre Region und ihre Zukunft entschieden – ohne dass sie selbst ernsthaft mitreden könnten. Die Bundesregierung hat aus einem Reflex heraus den Daumen über die PCK-Raffinerie gesenkt – die Vernunft war abwesend.

Wäre dem nicht so gewesen, dann könnte die Bundesregierung sagen, wie es mit der Raffinerie weitergehen soll, mit den Arbeitsplätzen, der Region. Die Menschen hätten mit Zuversicht auf das schauen können, was vor ihnen liegt. Doch wie sich am Montag erneut zeigte, wird ihnen dazu kein Anlass gegeben.

Am Montag tagte die "Taskforce Schwedt", geleitet vom Parlamentarischen Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, Michael Kellner (Grüne). Es war das zweite Treffen dieser Arbeitsgruppe – und es endete wie das erste: ohne Beschlüsse und mit vagen Ankündigungen.

Im Anschluss an die Tagung erklärte Brandenburgs Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD), es gebe mehr offene Fragen als konkrete Lösungen. Auch zur künftigen Eigentümerstruktur gebe es keinen neuen Stand.

Folgen werden für Krötentunnel bedacht, nicht aber bei Sanktionen

Noch deutlicher wurde Brandenburgs Finanzministerin Katrin Lange (SPD). "Die Probleme sind offenbar größer, als zuerst angenommen und wahrscheinlich hätte man erst einmal eine Folgenabschätzung durchführen müssen, bevor man so eine weitreichende Entscheidung trifft", sagte sie.

Bei jedem Krötentunnel werde eine Folgenabschätzung gemacht, kritisierte sie den freiwilligen Verzicht auf die Lieferung russischen Erdöls über die Druschba-Pipeline. Hier sei eine Entscheidung getroffen worden, ohne die Konsequenzen im Blick zu haben.

Solche Kritik perlt an Kellner ab – schließlich geht es ihm ums Prinzip: Weder soll russisches Erdöl bezogen, noch soll Erdöl verarbeitet werden, das per Pipeline über russisches Territorium geleitet wird. Er wolle, "dass wir unabhängig sind, falls mal Leitungen unterbrochen werden".

Kellner legt deshalb den Schwerpunkt auf die Öl-Pipeline von Rostock nach Schwedt. Sie solle ertüchtigt werden, sagte er, und er stellte klar, dass er dieses Vorhaben für den entscheidenden Punkt hält. Aber wann mit den Arbeiten begonnen werden soll und wann diese abgeschlossen sein werden, sagte er nicht. Und es sind nicht einmal mehr 180 Tage Zeit.

Selbst wenn es gelänge, die Frist bis zum Beginn des freiwilligen Verzichts auf russisches Erdöl einzuhalten, bliebe ein Problem: Im ertüchtigen Zustand kann die Pipeline aus Rostock nur 60 Prozent des benötigten Öls transportieren. Das wäre gerade das Minimum, um die Raffinerie technisch überhaupt betreiben zu können; wirtschaftlich stünde sie wohl dennoch vor einem Desaster.

Raffinerie könnte ausgelastet sein – aber Vorschlag wird nicht berücksichtigt

Rosneft hatte einen Vorschlag unterbreitet, wie die PCK-Raffinerie zu 100 Prozent ausgelastet und dennoch sanktionskonform mit Erdöl über die Druschba-Pipeline versorgt werden könnte. Erdöl aus Kasachstan könnte das russische ersetzen.

Doch auch das möchte das Bundeswirtschaftsministerium nicht. Auf Anfrage von Telepolis erklärte zwar eine Sprecherin, dass man sich deswegen mit der EU-Kommission in Gesprächen befinde. Doch es stehe fest: In "erster Linie müssen wir diversifizieren". Man wolle nicht Russland gegen einen anderen "alleinigen Anbieter" austauschen.

Kellner erklärte am Montag:

Kasachisches Öl kann einen Beitrag leisten, aber es bleibt dabei: Deutschland muss sich auf den Weg machen, den Polen schon gegangen ist, sich unabhängig zu machen, denn auch kasachisches Öl läuft über russisches Territorium, und ich möchte, dass wir unabhängig sind, falls mal Leitungen unterbrochen werden.

Michael Kellner (Grüne)

Bei den Menschen in Schwedt bleibt ein mulmiges Gefühl. Der Vizebürgermeister der Stadt äußerte nach Ende der Tagung seine große Besorgnis, dass die Bundesregierung vielleicht doch keine Lösung für die Raffinerie, die Stadt und die Region hat, auf die man bauen kann.

Unverständlich bleibt für ihn und viele andere auch: Es gäbe noch vieles zu besprechen und zu klären, doch die Verantwortlichen wollen erst einmal in die Sommerferien gehen. Das nächste Treffen der Taskforce ist erst wieder nach Ende der Sommerferien angesetzt.

Das alles dürfte sicher nicht den Glauben stärken, dass dem politischen Berlin das Schicksal tausender Ostdeutscher wichtig wäre.