Österreich: Bundespräsidenten-Stichwahl

Die Wiener Hofburg, der Amtssitz des österreichischen Bundespräsidenten. Foto: Bwag/Wikimedia. Lizenz: CC BY-SA 3.0

Medien ohne Meinungsumfragen - FPÖ-Generalsekretär Kickl fordert "Wachsamkeit" bei der Briefwahl-Auszählung - katholische Kirche für unterschiedliche Kandidaten

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Heute früh um sechs Uhr öffneten in Österreich die ersten von etwa 10.500 Wahllokalen, in denen die Bürger ihrer Stimmen abgeben können, um zu entscheiden, ob der Freiheitliche Norbert Hofer oder der langjährige Grünen-Chef Alexander van der Bellen ihr neuer Bundespräsident wird. In Vorarlberg (wo es heute Nacht bei einem Konzert eines Motorradclubs einen Beziehungs-Amoklauf mit drei Toten und elf Verletzten gab) schließen die Wahllokale bereits um 13, in den meisten anderen Bundesländern um 16 Uhr. Nur in Wien und Innsbruck kann bis um 17 Uhr gewählt werden.

Ob man in den kurz danach veröffentlichten Hochrechnungen schon den (richtigen) Sieger nennt, hängt davon ab, wie knapp die Entscheidung ausfällt. Das gilt sogar für das von Innenminister Wolfgang Sobotka um 19 Uhr 30 verkündete vorläufige amtliche Ergebnis. Diesmal haben sich nämlich 885.437 der 6.382.507 Wahlberechtigten - also fast 14 Prozent - für eine Briefwahl mit Wahlkarten entschieden, die erst morgen ausgezählt werden.

Im ersten Wahlgang hatten die damals etwa 530.000 Briefwähler den Stimmenanteil von van der Bellen um 0,9 Prozent nach oben und Hofers Ergebnis um 1,3 Prozent nach unten gedrückt. FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl hat wegen des hohen Anteils von Briefwählern darauf aufmerksam gemacht, dass es in der Vergangenheit bei der Auszählung von Wahlkarten immer wieder "Ungereimtheiten" gab. Er forderte deshalb "Wachsamkeit" und fragte sich öffentlich, "ob Helfershelfer des gegenwärtigen Politsystems hier vielleicht die Gelegenheit nutzen könnten, dem Wählerwillen zugunsten des Systemrepräsentanten van der Bellen 'nachzuhelfen'".

Ob des Ergebnis tatsächlich so knapp ausfällt, dass die Briefwähler entscheiden, ist unter anderem deshalb unklar, weil sich die Meinungsforscher (die vor dem ersten Wahlgang recht falsch lagen und Hofer - der dort bei 35,05 Prozent landete - nur bei 21 bis 24 Prozent sahen) diesmal mit Umfragen sehr zurückhielten - auch deshalb, weil die Medien überraschenderweise keine Aufträge erteilten.

Als Begründung dafür führte man an, es gäbe zu viele Unwägbarkeiten. Zum Beispiel gebe es keine Erfahrungswerte dazu, wie sich die Stammwähler der ehemaligen Volksparteien in einer Situation wie der aktuellen entscheiden würden, wenn ihre "politische Heimat" auf dem Stimmzettel fehlt. In Foren vermuteten Kritiker allerdings, dass bei dieser überraschenden Zurückhaltung auch eine Rolle gespielt haben könnte, dass man fürchtete, Hofer könne die Umfragen anführen.

In einer Gallup-Umfrage lagen er und van der Bellen Ende April allerdings gleichauf bei jeweils 50 Prozent. Bei Buchmachern war die Quote uneinheitlich, die meisten sahen jedoch Hofer als wahrscheinlichern Sieger.

Dass auch die beiden Kandidaten und ihre Unterstützer das Rennen als nicht entschieden ansahen, merkte man am Geld, dass sie in den Stichwahlkampf pumpten: Die Grünen zahlten dem - offiziell unabhängigen - Alexander van der Bellen weitere 550.000 Euro, die Freiheitlichen unterstützten Hofers Kampagne sogar mit weiteren 1,5 Millionen.

Auch in der katholischen Kirche sah man sich veranlasst, in den Wahlkampf einzugreifen - für unterschiedliche Seiten: Während Gerda Schaffelhofer, die Präsidentin der Katholischen Aktion Österreich mit der Bemerkung, mit "nationaler Abschottung und einer Verweigerung von europäischer und internationaler Solidarität" lasse sich "gelebtes Christentum" nicht vereinbaren, indirekt (aber sehr deutlich) für van der Bellen warb, meinte der Salzburger Weihbischof Andreas Laun, "so, wie das Angebot jetzt ist, kann man nur Hofer wählen und beten für ihn und für Österreich". "Dass ihn die Linken hassen und mit ihrer erprobten ‘Nazikeule’ prügeln", so der bärtige Kirchenfürst, spreche "eher für und nicht gegen Hofer".

Empfohlener redaktioneller Inhalt

Mit Ihrer Zustimmmung wird hier eine externe Buchempfehlung (Amazon Affiliates) geladen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen (Amazon Affiliates) übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.