Österreich will Grenzzaun zu Slowenien errichten
Innenministerin Johann Mikl-Leitner (ÖVP) plant "befestigte Anlagen im Bereich der Grenzübergänge". Update
Bei der gestrigen Pressekonferenz sprach die österreichischen Innenministerin Johann Mikl-Leitner (ÖVP) das Reizwort nicht aus, die Rede war lediglich von "baulichen Maßnahmen an der Grenze zu Slowenien". Heute Morgen folgte dann im ORF Klartext:
Natürlich geht es auch um einen Zaun.
Doch auch der Klartext hält ein paar Windungen bereit. Die Innenministerin legte im Ö1-Morgenjournal Wert darauf, dass es zwar auch um einen Zaun gehe, vor allem aber um "technische Möglichkeiten", die helfen sollen, dass der Zugang der Flüchtlinge "geordnet und kontrolliert" erfolgt. Es gehe also nicht darum, Grenzen "dicht zu machen". Ein Zaun habe auch ein Tor. Mikl-Leitner spricht lieber von "befestigten Anlagen im Bereich der Grenzübergänge".
Begründet wird der Entschluss mit der Sorge, dass sich die Situation verschärfe. Unter den Flüchtlingen habe sich in den letzten Tagen Ungeduld und aggressives Verhalten gezeigt.
Die Lage hier ist äußerst dynamisch, wir hatten Grenzübertritte von zwischen 3.000 und 8.000 Personen. Aber wir müssen uns auch darauf einstellen, dass es bis zu 12.000 sein könnten.
Mikl-Leitner
Die Innenministerin hatte am gestrigen Dienstag die Erstaufnahmeeinrichtung Spielfeld an der Grenze zu Slowenien besucht und "besondere bauliche Maßnahmen" im Grenzbereich angekündigt. Nach Informationen der österreichischen Zeitung Standard gibt es entsprechende Planungen auch für den Grenzübergang nach Slowenien in Bad Radkersburg. Dort werden derzeit allerdings keine Grenzübertritte gemeldet.
In einem Papier, welches das Innenministerium an Medien verschickte, wird präzisiert, dass es bei den Bauvorhaben um "feste, technische Sperren mehrere Kilometer links und rechts des Grenzübergangs" gehe. Über Kosten und Baubeginn wurde noch nichts Definitives geäußert. Der Ministerrat soll die Baumaßnahmen am heutigen Mittwoch beschließen. Laut Mikl-Leitner benötigen die "technischen Sperren" etwa zehn Tage Plaungszeit.
Dass damit ein Rückstau nach Slowenien ausgelöst werde, könne sie nicht ausschließen, wird Mikl-Leitner zitiert. Ebenso wenig könne sie einen Rückstau von Deutschland nach Österreich ausschließen Den gebe es bereits, "weil Deutschland zu wenige übernimmt".
[Ergänzung:] Das wird vom deutschen Innenminister de Maizière anders gesehen. Er schloss sich heute der heftigen Kritik der bayerischen Regierung an Österreich an und beanstandete, dass Flüchtlinge auf der österreichischen Seite ohne jede Vorwarnung nach Eintritt der Dunkelheit an bestimmte Stellen gefahren würden, wo sie dann "unvorbereitet und ohne jede Vorsorge" an die deutsche Grenze kämen.
Offensichtlich ist das Reizwort "Grenzzaun" der österreichischen Regierung nicht geheuer. So hat sich Kanzler Faymann zur Klarstellung geäußert:
Es ist ein Unterschied, ob man eine Grenze baut oder ob man ein Türl baut mit Seitenteilen. Es ist kein Zaun rund um Österreich. Das ist eine technische Sicherheitsmaßnahme, die Österreich nicht einkastelt.
Die Neue Zürcher Zeitung machte daraus dann die Schlagzeile: Faymann dementiert Grenzzaun-Pläne.
[Update]:
Am Abend bestätigte der SPÖ-Kanzler Faymann zwar gegenüber dem ORF die "baulichen Maßnahmen", mit der Einschränkung, dass sie zwar bessere Kontrollen ermöglichen, das Flüchtlingsproblem aber nicht lösen.würden. Von einem Zaun, den seine ÖVP-Ministerin angesprochen hatte, wollte er nun gar nichts mehr wissen:
Es kommt weder ein Zaun zu Ungarn noch ein Zaun zu Slowenien.
Am Mittwochabend habe Faymann mit EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker telefoniert, so der österreichische Sender, dabei sei man sich einig gewesen, "dass Zäune keinen Platz in Europa haben".