Ofac: Die mächtigste US-Behörde, von der Sie nie gehört haben
US-Amt zur Kontrolle von Auslandsvermögen hat enorme Macht. Seine Sanktionen wirken weltweit, treffen Staaten wie Einzelpersonen. Auch freie Software ist betroffen.
Wie frei ist freie Software? Von der Mitarbeit am Linux-Kernel sind seit kurzem sämtliche Akteure ausgeschlossen, die auf der Sanktionsliste des US-Amts zur Kontrolle von Auslandsvermögen (Ofac) auftauchen (Telepolis berichtete). Doch was ist die Ofac überhaupt? Was sind die Ziele und Kompetenzen der Behörde?
Entstanden im Kalten Krieg
Das Ofac ist eine Abteilung des US-amerikanischen Finanzministeriums. Sie wurde 1950 gegründet, um den Präsidenten und das Finanzministerium bei der Durchsetzung von Wirtschaftssanktionen zu unterstützen. Diese Sanktionen richten sich sowohl gegen Staaten als auch gegen nicht-staatliche Akteure, die den USA durch "illegale oder bedrohliche Aktivitäten" schaden könnten.
Hintergrund ihrer Gründung war der Koreakrieg. US-Präsident Harry S. Truman ließ damals alle chinesischen Vermögenswerte in den Vereinigten Staaten einfrieren. Heute gehen die Kompetenzen der Behörde jedoch weit darüber hinaus.
Das Ofac verfügt über weitreichende Befugnisse, die auf Gesetzen wie dem International Emergency Economic Powers Act und dem Trading with the Enemy Act beruhen. Diese ermöglichen es der Behörde, Vermögenswerte zu blockieren, Handelsembargos zu verhängen, Reiseverbote auszusprechen und finanzielle Transaktionen zu unterbinden.
Weltweite Wirkung
Besonders bemerkenswert ist der enorme Ermessensspielraum, den das OFAC bei der Auslegung und Durchsetzung von Sanktionen hat. So kann das Ofac auch Sanktionen mit extraterritorialer Wirkung verhängen, die auch in Drittländern gelten.
Prominentestes Beispiel ist das 1960 gegen Kuba verhängte US-Handelsembargo, das seither mehrfach verschärft wurde. Heute reicht es, wenn auf einer Überweisung das Wort "Kuba" vorkommt – viele Banken weisen diese dann aus Rücksicht auf ihr US-Geschäft automatisiert nicht mehr an. Auch PayPal-Überweisungen, die im Betreff das Wort "Kuba" enthalten, werden sofort blockiert.
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Das Ofac ist dabei alles andere als ein zahnloser Tiger. Immer wieder kommt es zu Strafzahlungen in Millionenhöhe, weil gegen Sanktionen verstoßen wurde. So musste eine Schweizer Privatbank dieses Jahr eine Geldstrafe in Höhe von 3,7 Millionen US-Dollar entrichten, weil sie Transaktionen mit Kuba durchgeführt hatte und damit gegen Ofac-Compliance-Vorschriften verstieß.
Diese extraterritoriale Wirkung verleiht den Ofac-Sanktionen eine globale Reichweite und macht sie zu einem mächtigen Instrument der US-Außenpolitik.
Denn auch wenn die Mehrzahl der Länder in der UN-Generalversammlung beispielsweise regelmäßig für die Aufhebung der US-Sanktionen gegen Kuba stimmt (darunter auch Deutschland und alle EU-Staaten), bleiben die Sanktionen weiterhin in Kraft und werden de facto auch in diesen Ländern umgesetzt.
Aktuelle Sanktionen
Neben Kuba hat Ofac Iran, Nordkorea, Syrien und Russland sanktioniert. Im Zuge des Ukraine-Krieges hat das Ofact weitreichende Sanktionen gegen russische Einzelpersonen, Unternehmen und den Finanzsektor verhängt. Dazu gehören: Blockierung von Vermögenswerten russischer Oligarchen, Einschränkungen für russische Banken und Verbot bestimmter Transaktionen mit russischen Staatsunternehmen.
Das Ofac führt darüber hinaus eine Liste von Specially Designated Nationals and Blocked Persons (SDN), die Terroristen, Drogenhändler und andere Personen umfasst, mit denen US-Personen keine Geschäfte tätigen dürfen.
Da die auf der Liste aufgeführten Personen einseitig von der US-Regierung bestimmt werden und nicht mit UN-Resolutionen übereinstimmen müssen, kann dies natürlich auch politisch unliebsame Personen umfassen.
Personen oder Unternehmen, die auf einer dieser Listen auftauchen, sind künftig in jedem Fall von der Mitarbeit am Linux-Kernel ausgeschlossen, wie Kernel-Entwickler James Bottomley am Donnerstag klarstellte.