Olaf Scholz und Christoph Krupp - eine Männerfreundschaft, die sich lohnt

Seite 2: Der Hamburger Filz lässt grüßen

Ob Olaf Scholz' Alter Ego Christoph Krupp dieses ambitionierte Ziel vorübergehend "nebenher" erreicht, sei mal dahin gestellt. In jedem Fall erinnert die die Ernennung des "guten Freundes" des Finanzministers zum staatlich bestellten Troubleshooter in Sachen Corona-Impfung an typisch hanseatisch-sozialdemokratisches Gebaren, sozusagen ein Arbeitsplatzbeschaffungsprogramm der ganz besonderen Art.

Selbstverständlich sollte eine Bekanntschaft, auch keine Freundschaft, nicht mal eine "gute", zu einem Minister kein Ausschlusskriterium bei der Besetzung eines Postens sein. Wenn aber eigens ein hochrangiger Posten geschaffen und dieser mit einem "guten Freund" eines Ministers besetzt wird, der diesem seit einem Jahrzehnt wie ein Schatten auf dem Fuße folgt, wirft das Fragen auf.

In den Hamburger Bürgerschafts-Wahlkampf 2001 griffen die beiden Journalisten Jörn Breiholz und Frank Wieding mit dem Buch "Das Machtkartell - Die Stadt als Beute" über 40 Jahre sozialdemokratischen Filz in der Hansestadt ein. Auf die Frage der Welt "Wie würden Sie Filz beschreiben?", antwortete Jörn Breiholz:

Ich würde es als System beschreiben. Wir haben in Hamburg mit der SPD eine Partei, die seit 40 Jahren die Regierungen dieser Stadt entscheidend prägt. In dieser Zeit haben sich viele SPD-Funktionäre ihre Pfründe gesichert.

Jörn Breiholz

Der Spiegel konstatierte bereits 1998:

Als sich die 68er-Generation auf ihren langen Marsch durch die Institutionen begab, tat sie dies in Hamburg gleich in Heerstärke, und die Genossen konzentrierten sich wie ferngesteuert auf den Sozialsektor. Dort herrschte bald ein solches Gedränge, daß(!) die Aufbruchstimmung der Postenschacherei wich. (…) Die Behörde für Arbeit, Gesundheit und Soziales (BAGS) erscheint der grünen Abgeordneten Anna Bruns denn auch wie "Block III in Tschernobyl. An den kommt man auch nicht ran".

Der Spiegel

Genau diese Behörde machten Jörn Breiholz und Frank Wieding zum Gegenstand ihrer Recherche, um auf eine Mauer des Schweigens zu stoßen, wie sie in der Welt beschreiben, ein Schweigekartell, das sich selbst über das Hamburgische Pressegesetz hinwegsetzte:

Ich habe als Journalist noch nie eine derart hohe Mauer des Schweigens erlebt. Wir haben weder mit dem früheren Bürgermeister Henning Voscherau reden können noch mit Jörg Kuhbier, der lange Jahre Umweltsenator und SPD-Chef gewesen ist. Auch mit Volker Lange gab es kein Gespräch. Die Sozialbehörde hat uns während unserer Recherche nicht eine Frage beantwortet, obwohl sie nach dem Hamburgischen Pressegesetz zur Auskunft verpflichtet ist.

Jörn Breiholz

Eine Ausnahme gab es allerdings: Den damaligen Hamburger "SPD-Chef Olaf Scholz, der ausführlich mit uns gesprochen hat".

Die Symbiose Olaf Scholz - Christoph Krupp erinnert jedoch weniger an Transparenz, sondern an ein Vorgehen, dass der Spiegel folgendermaßen beschrieb:

Auf wundersame Weise fand sich im Hamburger Feierabend-Parlament bisher noch stets ein Genosse, wann immer eine lukrative Leitungsstelle in Behörden frei geworden war. So wurde der Rechtsreferent Ralph Bornhöft zum Leiter des Einwohner-Zentralamtes befördert, der Postbeamte Heiner Widderich übernahm das Sportamt, und der Verwaltungsbeamte Wolfgang Pages wechselte auf einen Chefsessel der Landesbetriebe Friedhöfe (…) … wieviel in Hamburg auch ausgewählt und beraten wird - am Ende erweist sich in der Regel ein Sozialdemokrat als qualifiziertester Bewerber.

Der Spiegel

Auf wundersame Weise scheinen Olaf Scholz und Christoph Krupp miteinander verbunden. Und auf wundersame Weise findet sich seit einem Jahrzehnt auf allen Karrierestationen des Finanzministers auch ein lukrativer Job für seinen "guten Freund".

Ob dieser mehr zu bieten hat als Freundschaft und tatsächlich imstande ist, das Impfstoffdebakel auf einen guten Weg und vor allem den angezählten Wirtschaftsstandort Deutschland durch einen Platz in den vorderen Rängen von Big Pharma zu neuem Ruhm zu verhelfen, wird die Zukunft zeigen. Dass er dazu die geeignete Person ist, bezweifelt indes laut RP online der "Verband der Familienunternehmer":

"Diese Berufung wirft viel mehr Fragen auf als durch den neuen Posten gelöst werden können", sagte Familienunternehmer-Präsident Reinhold von Eben-Worlée." RP online

Dieser stellt die naheliegendste aller Fragen:

"'Warum halten sowohl der Vizekanzler als auch die Kanzlerin keinen der zahlreichen Staatssekretäre im Wirtschaftsministerium für geeignet, diese Aufgabe wahrzunehmen?', fragte Eben-Worlée." RP online

Schließlich bezieht auch diese Behörde Gelder zur Bewältigung der ihr gestellten Aufgaben. Warum sich anders entschieden wurde, auch dazu stellte der Spiegel bereits 1998 so seine Vermutungen an:

Die SPD erreichte mit dieser Spielart der Patronage gleich zwei Ziele: Zum einen ließen sich noch mehr Posten - sei es für kommendes Führungspersonal oder ausgediente Genossen - schaffen, zum anderen entzogen sich die ausgelagerten Organisationen weitgehend der parlamentarischen Kontrolle.

Der Spiegel, 1998

Und es erspart der Bundesregierung, im Zweifelsfalle Verantwortung zu übernehmen, falls der als Physiker promovierte Verwaltungsangestellte sich doch als keine so gute Wahl für diese Aufgabe erweisen sollte.