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Heute wird Ronald Reagan, der 40. Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika, in Kalifornien beigesetzt; George W. Bush sieht in ihm seinen "großen politischen Führer"

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Ronald W. Reagan starb mit 93 Jahren und geht damit als ältester Präsident der USA in die Geschichte ein. Als er am vergangenen Samstag seinem Schöpfer entgegentrat, konnte der "Gipper" lange offene Fragen klären. Wie etwa die, ob AIDS nun eine Seuche ist, "mit der uns der liebe Gott bestraft hat, weil unkeuscher Sex gegen die zehn Gebote verstößt". Das hatte Reagan im Gespräch mit seinem Biographen Edmund Morris noch im Mai 1989 erklärt. Vorausgegangen waren acht Jahre "Ära Reagan" von 1981-1989, geprägt durch einen aggressiven Politikstil nach innen und außen. In erschreckend unkritischen Nachrufen in den USA wird dies in diesen Tagen als "klare Linie des ehemaligen Präsidenten" verklärt. Charakteristisch war auch die ultrareligiöse Ausrichtung des ehemaligen Schauspielers. Gerade diese Eigenschaft aber findet ihre Fortführung in der aktuellen Administration.

Bewusst versucht George W. Bush an sein Vorbild Reagan anzuknüpfen. Erklärte jener die Sowjetunion einst als das "Reich des Bösen" (evil empire), erfand der amtierende Präsident 2001 die "Achse des Bösen" (axis of evil). Der apokalyptische Krieg zwischen Gut und Böse der beiden Extremisten Reagan und Bush ließ und lässt nicht allzuviel Spielraum für moderate Lösungsschemata. Die religiöse Konnotation ist dabei ein Indiz für die anti-aufklärerischen Tendenzen beider Staatsmänner. "Ich bin nicht gekommen, Frieden zu bringen, sondern das Schwert" (Matthäus 10, 34), scheint beider Motto zu sein. Doch manchmal sollte man Bücher zu Ende lesen. Wenige Seiten weiter nämlich heißt es in der Bibel, die Reagan wie Bush zu ihrem wichtigsten Buch erklärten: "Wer das Schwert nimmt, der soll durchs Schwert umkommen." (Mt 26, 52).

Neben vielen anderen Intellektuellen weist auch der französische Schriftsteller und Philosoph Daniel Accursi auf die fatalistischen Tendenzen der US-Gotteskrieger hin:

Nicht der Krieg belebt das Religiöse neu. Das Gegenteil ist der Fall. Die monotheistischen Götter rufen die Menschen zum Krieg und feuern sie an. (...).

Daniel Accursi in Lettre International 65

Die Götter, schreibt Accursi, dächten wie Clausewitz. Nach dessen Auffassung war der Krieg "ein Akt der Gewalt, und es gibt in der Anwendung derselben keine Grenzen". Der große Kampf, erkennt Accursi, sei eine Vernichtungsschlacht. Das erstrebte Ziel müsse die Apokalypse sein, denn der Krieg, der sich von den Heiligen Schriften nährt, sei ein endloser Feldzug. Tatsächlich war es George W. Bush, der in Irak einen "endlosen Krieg" prophezeite, während sein General Jay Garner die Irak-Invasion "einen der barmherzigsten aller Kriege" nannte.

Aber nutz(t)en Bush und Reagan ihr Amt als Bühne für das Religiöse - oder ist eben das Gegenteil der Fall? Nach Ansicht des deutschen Psychologen und Theologen Eugen Drewermann geht es zumindest Bush darum, "die Stimmen aus dem US-amerikanischen Bibelgürtel" zu mobilisieren. Ein solches Konzept würde Sinn ergeben. Immerhin bezeichnen sich 90 Prozent der US-Amerikaner als religiös, 80 Prozent glauben an die Auferstehung. Bei einem Auftritt von Bush vor Mitgliedern der US-Vereinigung der Christlichen Medienproduzenten im Februar vergangenen Jahres zeigte sich Glenn Plummer, der Vorsitzende des Verbandes, davon überzeugt, dass "die USA von Gott persönlich gesegnet" wurden, als er ihnen George W. Bush als Präsidenten geschickt hat.

Reagan wie Bush haben ihre weltweiten Feldzüge religiös-fanatisch begründet. Das Interesse dahinter war durchaus weltlich. Heute gilt die "Ära Reagan" im neokonservativen Lager der USA als Referenzzeit. Nachdem sich die "neocons" in den siebziger Jahren endgültig der Republikanischen Partei zugewendet hatten, waren sie unter dem Cowboy-Präsidenten schließlich erstmals in der Regierung vertreten. Richard Perle etwa, der im vergangenen Jahr wegen seiner wirtschaftlichen Verstrickungen als Vorsitzender des Defense Board im Verteidigungsministerium zurücktreten musste, war von 1981 bis 1987 Regierungsberater für internationale Sicherheitspolitik. Auch andere Persönlichkeiten wie Paul Wolfowitz, Robert Kagan, William Kristol oder Frank Gaffney traten unter Reagan erstmals in Erscheinung, um in den beiden Bush-Regierungen immer weiter in die Regierungsgeschäfte eingebunden zu werden. Bush bezeichnete Reagan wohl auch deswegen unlängst als einen "großen politischen Führer". Patricia Greve vom American Institute for Contemporary German Studies schreibt zum Verständnis der Neokonservativen:

Die Neokonservativen sind keine usurpierenden politischen Außenseiter. Zum Einen sind sie Teil einer bestimmten Tradition amerikanischen außenpolitischen Denkens. Zum Anderen sind sie als außenpolitische Akteure im weitesten Sinne mit dem Entscheidungsprozess im US-amerikanischen System vertraut und wissen es zu nutzen.

Patricia Greeve, AICGS

Ein bedeutender Aspekt in diesem System ist nach wie vor die Selbsteinschätzung als globale Macht, die ein grundsätzlich chaotisches, mitunter gottloses System allein ordnen muss. Mittel dazu kann nicht nur, sondern muss auch militärische Stärke sein. Elaine Pagels, Theologin an der Princeton-University, bringt dieses Verständnis auf eine knappe Formel. Wenn es eine Achse des Bösen gäbe, bedeute das logischerweise, dass der Präsident der Achse des Guten angehöre und dass jeder, der nicht mit seiner Politik übereinstimme, sich auf der Gegenseite befinde.

So werden die US-Truppen bis auf weiteres wohl weiter im Namen von Gott und Halliburton zu Felde ziehen. Für alle anderen bleibt die Hoffnung, dass George W. Bushs Gebete eines Tages vielleicht doch noch erhört werden. Bevor der US-Präsident militärische Anweisungen gibt, pflegt er zu beten: "Gott möge uns Weisheit geben und über die Vereinigten Staaten von Amerika wachen."