Oscar-Gewinner Ballal: Vom roten Teppich ins Krankenhaus

Kind in roter Kleidung vor Geröllfeld

Szene aus dem Film "No Other Land". Bild: © Immergutefilme

Nach einem Angriff durch Siedler wurde der palästinensische Regisseur Hamdan Ballal von der Armee festgenommen. Sein Film zeigt genau jene Gewalt, die ihm selbst widerfuhr.

Der palästinensische Filmemacher Hamdan Ballal, Co-Regisseur des mit dem Dokumentarfilmpreis der diesjährigen Berlinale und dem Oscar ausgezeichneten Films "No Other Land", ist am Montagabend im israelisch besetzten Westjordanland verletzt und anschließend von israelischen Soldaten festgenommen worden, wie der rbb unter Berufung auf die dpa meldet.

Siedler verprügeln Oscarpreisträger

Nach Angaben palästinensischer Aktivisten und Kollegen Ballals wurde der Regisseur während des abendlichen Fastenbrechens im Ramadan in seinem Heimatdorf Susja von einer Gruppe israelischer Siedler angegriffen.

Diese sollen mit Schlagstöcken, Messern und mindestens einem Sturmgewehr bewaffnet gewesen sein. Mehrere Angreifer waren demnach maskiert. Insgesamt vier Palästinenser wurden bei dem Vorfall verletzt, darunter Ballal durch einen Steinwurf am Kopf.

Das israelische Militär teilte mit, dass sich Gruppen von Israelis und Palästinensern gegenseitig mit Steinen beworfen hätten, nachdem "einige Terroristen" Steine auf Israelis geworfen und ihre Fahrzeuge beschädigt hätten. Polizei und Armee hätten die Gruppen voneinander getrennt und Ballal festgenommen.

Israel setzt Vertreibung fort

Am Dienstagnachmittag beobachteten AP-Journalisten, wie Ballal und zwei weitere festgenommene Palästinenser eine Polizeiwache in Kirjat Arba verließen. Ballal wies Blutergüsse im Gesicht und Blutspuren an der Kleidung auf. Die drei Männer wurden zur Behandlung in ein Krankenhaus in Hebron gebracht.

"No Other Land", der Film, für den Ballal gemeinsam mit den Israelis Yuval Abraham und Rachel Szor sowie dem Palästinenser Basel Adra den Dokumentarfilmpreis der Berlinale und den Oscar erhielt, thematisiert die Vertreibung von Palästinensern aus dem Westjordanland durch israelische Soldaten. Er zeigt den Widerstand der Bewohner von Susja und der Region Masafer Jatta gegen den Verlust ihrer Dörfer und ihres Landes.

Fast zeitgleich trudelte die Meldung ein, dass Israel 13 neue jüdische Siedlungen im illegal besetzten Westjordanland anerkennt. Die Vertreibung der palästinensischen Bevölkerung wird mit Hochdruck fortgesetzt, die Ereignisse des Films von der Realität in den Schatten gestellt.

Die Berlinale äußerte sich am Dienstag in einer Mitteilung auf Instagram "sehr beunruhigt" über die Berichte zu Ballal. Man fordere seine sichere Rückkehr zu Freunden und Familie und betonte, Journalisten und Dokumentarfilmer müssten vor Repressalien und Gewalt geschützt werden.

Kritik an Israel wegen Umgang mit Journalisten

Schätzungen der in den USA ansässigen NGO Committee to Protect Journalists (CPJ) wurden seit Beginn des Gaza-Kriegs mehr als 170 Journalisten im Gazastreifen getötet. Immer wieder erheben NGOs und Menschenrechtsorganisationen den Vorwurf an Israel, Journalisten (insbesondere des arabischen Fernsehsenders Al Jazeera und UN-Mitarbeiter gezielt zu töten.

Deutsche Journalisten, die sich in der Regel nicht im unmittelbaren Kampfgeschehen aufhalten, sind indes vor allem von Schikanen betroffen. Zuletzt traf es den FAZ-Korrespondenten Christian Meier, der bei Recherchen im Westjordanland verhaftet worden ist.

Sogar der deutsche Botschafter in Israel, Steffen Seibert, äußerte auf X in seltener Deutlichkeit seine Besorgnis über die "jüngste ungerechtfertigte Festnahme". Meier sei bereits am Freitag bei Recherchen im Westjordanland von extremistischen Siedlern schikaniert und anschließend für Stunden von der Polizei festgehalten worden.

Eine Untersuchung des CPJ ergab, dass Israel im Jahr 2024, dem bislang tödlichsten Jahr für Journalisten, für 70 Prozent aller weltweit getöteten Journalisten verantwortlich war.

Angesichts der neuerlichen Intensivierung israelischer Angriffe auf den Gazastreifen in der vergangenen Woche mit fast 700 getöteten Zivilisten, zumeist Frauen und Kinder, gaben die Vereinten Nationen am Dienstag bekannt, ihr internationales Personal vor Ort um etwa ein Drittel zu reduzieren. Grund sei die Unmöglichkeit, die Sicherheit der Mitarbeiter zu garantieren.