PEGIDA-Demos: "Deutschland wacht auf!"
Der "Ansturm auf Europa" wird bekämpft - jetzt auch "gesittet"
In Dresden sind "abendländische" Montagsdemonstrationen schon zur Gewohnheit geworden, so auch diese Woche, mit ansteigender Teilnehmerzahl, und nun auf Blockierer stoßend. Zur Nachahmung wird animiert - "Deutschland wacht auf" - meldet eine Webseite von PEGIDA. Da werde "die Meinungshoheit auf der Straße erobert", sorgte sich die Tageszeitung "Freie Presse". Die in der sächsischen Landeshauptstadt auf die Sprünge gekommenen "Patrioten Europas gegen die Islamierung des Abendlandes" mit dem seltsamen Kurznamen seien dabei, "zur bundesdeutschen Bewegung zu wachsen".
Dieselbe Lageeinschätzung findet sich bei "Sezession", dem Internetportal des "metapolitischen", parteilich nicht gebundenen Teils der Neuen Rechten, hier aber hoffnungsvoll: "Deutschland demonstriert", heißt es da, und per Landkarte wird für die Demo-Orte geworben. "Sezession" - im Unterschied zur ideologisch verwandten "Jungen Freiheit" - setzt nicht auf die Parteiform in Gestalt der AfD, sondern verspricht sich politischen Erfolg von außerparlamentarischen Aktivitäten.
Allerdings soll es, wie von PEGIDA auch zugesichert, ordentlich dabei zugehen; mit kollektiven "Spaziergängen" wird Rettung vor der "Zuwanderungsflut" propagiert. Zuspruch erhalten die Pegadisten auch vom neurechten Dresdner Jugendmagazin "Blaue Narzisse". Eher das Deutschtum als die abendländische Kultur gilt diesen "Heimatschützern" als das zu verteidigende höchste Gut.
Gegen die Flut von "Wirtschaftsflüchtigen" stemme man sich, sagt der PEGIDA-"Erfinder" in einem Exklusivinterview mit "BILD", die Demos würden "erst aufhören, wenn die Asylpolitik sich ändert". Der Mann ist biographisch nicht so recht präsentabel, aber sein Werk hat offenbar intelligente Miterfinder. In den Formen kopiert es keineswegs die HoGeSa-Randale, PEGIDA tritt erklärtermaßen "friedlich und gesittet" auf und erweitert so das Handwerkszeug rechtspopulistischer Agitation.
Indem diese "Patrioten" eine angeblich drohende Islamisierung Deutschlands als Gefahr herausstellen, gewinnen sie Anschlussfähigkeit für weitverbreitete diffuse Ängste, die nicht der eigenen Religiösität entspringen. Und so ist denn eine solche Parole gerade da attraktiv, wo Muslime kaum irgendwo anzutreffen sind. Es ist ja nicht so, als wimmele es in einer Stadt wie Dresden von Kopftuchträgerinnen.
Befürchtungen parteipolitischer Art kamen angesichts der PEGIDA-Demos im Mitte-Rechts-Spektrum auf: Einen "dramatischen Aufwind für die Rechtsextremen" sieht "Die Welt" kommen - nämlich zu Gunsten der NPD, zu Lasten der AfD und womöglich auch der CDU/CSU. Da handelt es sich aller Wahrscheinlichkeit nach um eine Fehlprognose. Die Auftritte der PEGIDA-Wutbürger werden eher ihren Effekt bei staatstragenden Parteien haben - deren Neigung verstärken, in der Flüchtlings- und Zuwanderungspolitik repressive Maßnahmen nachzuweisen, "Sicherheitslösungen" zu versprechen. Das wiederum kann fremdenfeindliche Ängste und Aggressionen noch fördern - ein Perpetuum mobile im Bestand politischer Ressentiments.