Pakistan: Atomkrieg soll von Korruption ablenken

Seite 2: Die AfD will Pakistan die Entwicklungshilfe streichen

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Pakistans Wirtschaftswachstum ist 2019 dann auch noch auf 3,3 Prozent gefallen, auch weil die Regierung 2018/19 mehr als neun Milliarden US-Dollar für die Schuldentilgung gezahlt hat. Ein neuer IWF-Kredit von sechs Milliarden US-Dollar, einer von drei Milliarden aus Saudi-Arabien und ein 2,2 Milliarden-US-Dollar-Kredit aus China halfen dabei.

Wie soll Pakistan also auf die Beine kommen, wenn die Bevölkerung dazu jedes Jahr um weitere 4,5 Millionen Menschen wächst und die nächsten 10 Jahre jährlich zwei Millionen junge Pakistaner auf den Arbeitsmarkt strömen? Noch mehr Billigproduktion, dessen Auswirkungen schon jetzt die Umwelt schädigen? Die Energie fürs "Wachstum" sollen chinesische Kohlekraftwerke liefern, da allein in der Region Sindh so viel Kohle liegt, dass Pakistan jedes Jahr 200.000 MW Strom produzieren könnte.

Doch das würde die Luft Pakistans und das Weltklima noch mehr belasten und damit Pakistans Probleme, die ihm aus dem Klimawandel erwachsen.

Auch Pakistans Wirtschaftsexperten verweisen oft auf die wirtschaftlichen Erfolge von Bangladesch. Dabei vergessen sie zu erwähnen, dass das 20-jährige Wirtschaftswachstum Umweltschäden angerichtet hat, die zum Teil nicht mehr zu reparieren sind: Viele Flüsse Bangladeschs sind zu verdreckt oder am Austrocknen.

Dazu wird vorausgesagt, dass Bangladesch wegen des steigenden Meeresspiegels, zu dem auch Bangladeschs und Pakistans Kohlekraftwerke ihren Teil beitragen werden, bis zu 25 Prozent seiner Fläche verlieren wird.

Der IFW und die Weltbank haben Pakistan jedoch nur den Weg Bangladeschs anzubieten. Um es klipp und klar auszusprechen: Unter den jetzigen Gegebenheiten gibt es für Pakistan keine Hoffnung. Noch sind es auch in Pakistan vorwiegend die Bessergestellten, die aus dem Land rennen: Die ehemaligen Armeeangehörigen und ihre Kinder bevorzugen die USA, wo auch Ex-Diktator Musharraf seine neue Heimat gefunden hat.

Der indische Wirtschaftsnobelpreiseträger Abhijit Banerjee zeigt durch Studien, dass es vorwiegend die Bessergestellten sind, die ihre Länder aus rein wirtschaftlichen Beweggründen verlassen. Die Armen folgen in der Regel nur, wenn sie durch Krieg oder Umweltzerstörungen dazu gezwungen sind.

So wäre es eigentlich noch möglich, die Fluchtursachen in den Herkunftsländern anzugehen, bevor sich die Massen auf den Weg machen: Aber auch von der Bundesregierung folgen nahezu keine Taten. Die AfD will Pakistan sogar sofort die Entwicklungshilfe streichen. Als Begründung führten Alice Weidel und Alexander Gauland in einem Antrag im Bundestag an, dass Pakistan den Terrorismus fördere und dass Pakistans Wirtschaft stabil sei.

Wenn das Land laut der AfD wirtschaftlich stabil ist, kann sich jeder vorstellen, wie viele Herkunftsländer von Flüchtlingen die Partei unterstützen würde beim Kampf gegen Fluchtursachen. Als Beleg für ihre Begründung führten Weigel und Gauland einen meiner Telepolis Pakistan-Artikel auf. Einen Artikel von einem Autor, der schon oft das Gegenteil gefordert hat: Imran Khan mit einem riesigen Hilfspaket in Sachen Bildung auf die Sprünge zu helfen, um den Religionsschulen etwas entgegen zu stellen.

Wenn die AfD schon die Schuldigen in Sachen Terrorismus identifiziert hat, wäre es doch eher folgerichtig, im EU Parlament zu beantragen, dass pakistanischen Militärangehörigen keine Schengen-Visa ausgestellt werden - das würde treffen. Was die Wasserkrise angeht, einfach mal beim deutschen Botschafter in Islamabad nachfragen: Bernhard Schlagheck hat da zumindest eine Ahnung.

Pakistan bräuchte eher ein weiteres zweckgebundenes Hilfspaket, das Millionen von nützlichen Jobs schafft: Die komplette Infrastruktur des Landes ist marode. Nützliche Arbeit für die lokale Bevölkerung und Nachhaltigkeit sind Schlüssel für die Zukunft und nicht ein Wirtschaftswachstum, in dem ökologische Nachhaltigkeit und soziale Indikatoren keine Rolle spielen.

Niemand sagt, dass Deutschland dies allein bezahlen soll. Die künftigen Klimaflüchtlinge sind ein Problem, dass die ganze Weltgemeinschaft angeht. Selbst das wirtschaftlich aufstrebende Indien hat die stärkste Arbeitslosigkeit seit 47 Jahren. Etwa 10 Millionen Bangladeschis arbeiten vorwiegend in den Golfstaaten, weil es daheim im "Wirtschaftswunderland" nicht genug Arbeit gibt.

Jede Lösung in Sachen Pakistan kann derzeit nur utopisch klingen, weil das aktuelle Welt-Wirtschaftssystem mit einem Wachstumsindikator, in dem Nachhaltigkeit unwichtig ist, keine Lösung zulässt. Auch nicht, um die vorsehbare, weltweite Krise der Klimaflüchtlinge zu bewältigen.

Die Gefahr eines Atomkriegs mit Indien

Die pakistanischen Generäle setzen auf ihre Trumpfkarte und weisen immer häufiger auf die Gefahr eines Atomkriegs mit Indien hin. Das tut mittlerweile auch Imran Khan, denn es hilft, von den unzähligen Problemen Pakistans abzulenken, für deren Lösung Khan keine finanziellen Mittel hat.

Trotz des beinahe täglichen Dauerfeuers der indischen und pakistanischen Armeen an der line of control, würde ich derzeit einen Atomkrieg ausschließen. Noch hätten die pakistanischen Generäle zu viel zu verlieren, denn Pakistan und seine aktuell 220 Million Einwohner sind noch nicht komplett ausgeplündert.

Doch wenn in Pakistan alles so weiter geht - nach Daten der UN werden im Jahr 2050 in Pakistan 403 Millionen Menschen leben - ist nichts auszuschließen. Erst recht kein Putsch von nationalistischen Islamisten innerhalb der Armee. Die Lügen ihrer Vorgesetzten, die Gott und Vaterland predigen, aber ihre Kinder auf ausländische Universitäten schicken, werden immer offensichtlicher.

Da reicht ein Blick auf die Lebensbedingungen der meisten Pakistaner inmitten von vergifteter Luft, schwarzen Flüssen, ausgetrockneten Seen und überfüllten Großstädten: Die Folgen des Klimawandels werden den Gang der Dinge nur beschleunigen.