Pakistan: Imran Khan braucht dringend Unterstützung
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Während die Armee Terroristen unterstützt und weiter das Land bestiehlt, versucht der Premierminister zu retten, was er alleine nicht retten kann
Wer sich wunderte, dass nach der Bestätigung des Freispruches der Christin Asia Bibi nicht "wieder" zehntausende islamische Fanatiker gewalttätige Blockaden im ganzen Land anzettelten, dem sei nochmal gesagt: Diese Zehntausende gibt es noch nicht.
Auch beim ersten Freispruch Ende Oktober, waren es in den Großstädten jeweils "nur" ein paar Tausende und sie konnten nur aus einem Grund das Land tagelang in Geiselhaft halten: Weil sie das Wohlwollen der pakistanischen Armee hatten; jedenfalls solange, bis der Anführer der Demonstrationen, Khadim Hussain Rizvi, den Bogen überspannte und auch zum Sturz der Armeeführung aufrief.
Wie einfach es für die pakistanische Armee ist, die islamischen Fanatiker zumindest von der Straße fernzuhalten, zeigte sich am 28. Januar, als das Oberste Gericht den Berufungsantrag gegen den Freispruch für Asia abschmetterte. Rizvi und andere Führer der Tehrik e Labaik Pakistan (TLP) waren schon verhaftet worden - das Fußvolk blieb zu Hause.
Sollte es dann offiziell bestätigt werden, dass Asia das Land verlassen hat, wird die eigentliche Gefahr auch nicht von der sunnitischen Barelvi-Bewegung der TLP ausgehen, sondern von einigen der sunnitischen Dar ul-Ulum Deoband Organisationen. Sie sind es, die in der Regel für die Bombenanschläge zuständig sind - bis heute werden sie von der pakistanischen Armee unterstützt.
Die obskure Rolle der Armee
Dazu bestiehlt die Armee weiterhin das Land. Am 5. Februar brachte die pakistanische Zeitung The Dawn einen weiteren detaillierten Bericht, wie die Streitkräfte des Landes in Verbindung mit der Landmafia von Karatschi Staatsland verhökern.
Imran Khan holt schon jetzt der Fluch seines Wahlsieges ein: Trotz großer Popularität unter den jungen Menschen des Landes, war es ihm unmöglich, das höchste Amt des Landes zu gewinnen, ohne den Einfluss der Korrupten Pakistans. So nahm Imran Khan auch sie in seine Pakistan Tehreek-e-Insaf (PTI) auf, damit sie ihm die Stimmen ihrer Untertanen bringen.
Einer dieser altbekannten Korrupten, Aleem Khan Vizechef von Khans PTI und Minister in der Provinz Punjab, wurde diese Woche von der Antikorruptionsbehörde NAB verhaftet. Aber auch in diesem Fall zeigt sich die neue Handschrift von Imran Khan: Im Gegensatz zu den Familienparteien der Bhuttos und Sharifs, erzählte der ehemalige Kricketstar nichts von einer ausländischen Verschwörung, um dann die Freilassung des Korrupten zu fordern - Aleem Khan musste sofort von allen Ämtern zurücktreten.
Zudem versucht Imran Khan das Model einer kostenlosen staatlichen Krankenversicherung, das er schon in seiner Provinz Khyber Pakhtunkhwa eingeführt hat, aufs ganze Land auszuweiten - auch wenn dafür eigentlich kein Geld vorhanden ist. Daran erinnerte ihn auch die Ratingagentur Standard & Poor’s und stufte die langfristige Kreditwürdigkeit Pakistans weiter nach unten.
Das Budget für die pakistanische Armee hat sich dagegen seit 2012 nahezu verdoppelt und zusammen mit der Schuldentilgung fressen diese Kosten schon 60 Prozent des jährlichen Staatshaushalts auf. Dass die pakistanische Armee mit dem Teil ihres Geldes Staatsterrorismus betreibt, in dem sie Terrorismus unterstützt, zeigt Steve Coll detailliert in seinem Buch Directorate S auf.
Hinter den Anschlägen in Mumbai (Bombay) im Jahr 2008 mit 174 Toten steckte die pakistanische Terrorgruppe Lashkar-e-Taiba (LeT). Die LeT ist nicht einfach eine private Dschihadisten-Gruppe, die von der pakistanischen Armee Geld bekommt und damit machen kann, was sie will. Die Attentäter von Mumbai hatten die ganze Zeit über Kontakt zu einem Offizier des pakistanischen Geheimdienstes Inter-Services Intelligence (ISI) in Karatschi.
Das war, als ob der ISI, als Organ des Staates Pakistans, die Aktion selbst durchgeführt hätte, und ist somit ein Bruch des Völkerrechts. Als das Ausmaß der Verwicklung bekannt wurde, wollte Indien zurückschlagen. Die Amerikaner mussten einen hohen Aufwand betreiben, um sie davon abzubringen. Doch Indiens Establishment wird immer selbstbewusster und es ist fraglich, ob es den USA in einem ähnlichen Fall nochmal gelingen würde, Indien von einem Gegenschlag abzuhalten.
Der Bombenanschlag im indischen Teil von Kaschmir..
Der Bombenanschlag im indischen Teil von Kaschmir, der am gestrigen Donnerstag 44(!) indische Soldaten tötete ist sehr beunruhigend, weil er zielgenau in dieses Spannungsfeld hineintrifft. Kaschmir ist ein "Pulverfass". Die Luntenleger haben leichte Arbeit, für die Entschärfer ist die Sache viel schwieriger, zumal es zwar ein kompliziertes, hochempfindliches Gelände zwischen Pakistan und Indien ist, aber noch lange nicht das einzige große Problem Pakistans.
... und andere Zeitbomben
Spätestens seit der letzten Volkszählung im Jahr 2017 müsste auch dem letzten Verantwortlichen im In- und Ausland klar sein, dass in Pakistan eine Zeitbombe tickt: Mit 208 Millionen Einwohnern (ohne Kaschmir) ist das Bevölkerungswachstum mit 2,0 Prozent pro Jahr stärker, als viele Experten vermutet hatten. Dass Armut, ein mangelndes Sozialsystem und unzureichende Bildung den Kinderreichtum fördern, ist mittlerweile erwiesen.
Was gerade der "Leuchtturm" der westlichen Wertegemeinschaft, die USA, mit der Islamisierung Pakistans zu tun haben, ist auf Telepolis schon oft genug thematisiert worden. Ebenfalls, dass die USA spätestens seit 2009 wissen, dass die pakistanische Armee die Taliban in Afghanistan am Leben hält und mitverantwortlich sind für Anschläge auf die Nato Truppen in Afghanistan und Anschläge in Indien.
Der komplette Westen hatte die Entstehung der Taliban und al-Qaida unbewusst beklatscht - von 1979 bis 1988 ging es in Afghanistan ja gegen die bösen Sowjets. Anschließend war dem Westen völlig egal, was aus den islamischen Fanatikern wurde, bis "aus heiterem Himmel" die Türme des World Trade Centers fielen. Dass 15 der 19 Attentäter nicht aus Afghanistan stammten, sondern aus Saudi-Arabien und dass auch eine Trump-Mauer sie nicht aufgehalten hätte, denn sie reisten legal mit einem Visum ein, auch daran sei nochmal erinnert.
Auf eine weitere tickende Zeitbombe in Pakistan ist hier auf Telepolis schon oft hingewiesen worden: den Wassermangel. Auch dort schreitet die Krise mit riesen Schritten voran. Das Rote Kreuz in Pakistan hat Anfang Februar Alarm geschlagen: In den südlichen Provinzen Sindh und Balochistan sind etwa 500.000 Menschen existentiell von einer (vorhergesagten) Dürre bedroht - der nächste Regen wird erst im Juli erwartet. Dazu könnte dem Land bis 2025 das Wasser "ausgehen".
In welchem Zustand die vorhandenen Wasserreserven sind, daran erinnerte eine Studie des Council of Research for Water Resources (PCRWR): Verschmutztes Wasser ist der Grund für 60 Prozent aller Infektionen in Pakistan.
Die Landflucht in Pakistan ist schon jetzt nicht mehr zu kontrollieren. Illegal und planlos gebaute Siedlungen mit bis zu 2 Millionen Einwohnern sind in Megacitys wie Karatschi der Normalzustand. Dass auch die Migration von Pakistanern nach Europa schon begonnen hat, konnte 2015 in Deutschland beim großen Flüchtlingsstrom beobachtet werden.