"Pakistan und Afghanistan sind schicksalhaft miteinander verbunden"

Seite 2: "Die USA haben sich viel zu sehr auf eine militärische Lösung der Probleme verlassen"

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Aber das wird doch von Islamabad schon seit 2001 mit Hilfe der USA versucht, wenn Sie mir diese Zwischenfrage gestatten?

Ahmed Rashid: Und da liegt doch der Fehler. Unter den Pakistanis wächst der Unmut gegenüber den USA. Wie viele Zivilisten kamen schon durch Drohnen ums Leben? Gleichwohl ist das Misstrauen der USA gegenüber der Führung in Pakistan weit verbreitet. Nein, es ist höchste Zeit für einen Neuanfang.

Was war denn der größte Fehler in der amerikanischen Afpak-Strategie, wie ein ehemaliger CIA-Agent es auszudrücken pflegte?

Ahmed Rashid: Die USA haben sich viel zu sehr auf das Militär verlassen und auf eine militärische Lösung der Probleme. Ein Großteil der Gelder aus den USA wurde in die Rüstung gesteckt, kaum etwas in den Aufbau von zivilgesellschaftlichen Strukturen (beziehungsweise den Abbau der Missstände Pakistans, wie etwa der Korruption).

Während all dieser Jahre fand ein Prozess statt, den ich die Talibanisierung der pakistanischen Gesellschaft nenne.

Selbst in Lahore, meiner Heimatstadt, bestimmen junge Absolventen der Koranschulen die Gesetze auf den Straßen, zwingen Frauen den von ihnen propagierten Kleidungsstil auf, attackieren Vertreter eines anderen Lebensstils. Natürlich gibt es noch eine starke urbane Mittelschicht, die aber zunehmend ins Fadenkreuz gerät. Bisher bin ich nicht der Überzeugung, dass diese Militanten den Großstädten ihr Gedankengut aufzwingen können - leider gibt es aber zu wenig Widerstand, was mir Sorgen bereitet.

Pakistan ist eine Atommacht und hat mehr Einwohner als Russland. Halten Sie denn diesbezüglich die These für richtig, welche im Westen zu hören ist, wonach es sich bei Pakistan um den gefährlichsten Staat der Welt handelt?

Ahmed Rashid: So weit ist es glücklicherweise noch nicht - aber das Potential, der gefährlichste Staat der Welt zu sein, besitzt Pakistan auf jeden Fall.

Gibt es eine Möglichkeit, die drohenden Risiken, die aus diesen Konflikten erwachsen, zumindest einzuschränken?

Ahmed Rashid: Sicherlich, aber nur unter Einbindung der nichtwestlichen Regional- und Supermächte in der Region - in diesem Fall Iran und die Volksrepublik China. Beide Staaten spielen eine bisher positive Rolle und haben ein großes Interesse an Stabilität in der Region.

Iran hat sowohl eine Grenze mit Afghanistan als auch eine zu Pakistan. Teheran spielt hierbei die gleiche Rolle für die Tadschiken in Afghanistan wie Pakistan für die Paschtunen. Teheran war schon immer ein Feind der Taliban, schon aus religiösen Gründen.

China hat das ökonomische Potential, massiv in die Infrastruktur Afghanistans zu investieren.

Wenn Peking, Teheran, und Washington zusammenarbeiten würden, an der Stabilität der Region, bestünde eine Chance auf Frieden.

Vielen Dank Herr Rashid.

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