Pakistan verweigert Aufnahme von Abgeschobenen
Streit um Staatsangehörigkeit
Gestern verweigerte die Federal Investigation Agency in der pakistanischen Hauptstadt Islamabad 30 Abgeschobenen aus Griechenland den Ausstieg aus ihrer Maschine. Als Grund gab das pakistanische Innenministerium an, dass die Staatsangehörigkeit dieser Personen nicht ausreichend nachgewiesen sei. 19 Abgeschobene, bei denen die Behörden keine Zweifel hatte, wurden von Bord gelassen.
Für Anfragen, warum die pakistanische Staatsangehörigkeit der 30 Abgeschobene angezweifelt wurde, ist bei der pakistanischen Botschaft in Berlin niemand erreichbar. Grundsätzlich gibt es dafür zwei Möglichkeiten: Dass ein Schübling einer ethnischen Gruppe angehört, die auch jenseits der pakistanischen Grenzen lebt, und die pakistanische Staatsangehörigkeit bestreitet, um seine Abschiebung zu erschweren - oder dass er die pakistanische Staatsangehörigkeit aufgeben wollte und dass pakistanische und europäische Behörden uneins darüber sind, ob dies rechtswirksam geschah oder nicht.
Die erste Möglichkeit kann fast alle Volksgruppen des 1947 gegründeten Staates betreffen: Pandschabis und Urdu-Muttersprachler leben auch in Indien, Belutschen im Iran und in Afghanistan und Paschtunen in Afghanistan. Ob ein Paschtune von östlich oder westlich der pakistanisch-afghanischen Grenze kommt, ist ohne Dokumente für einen Europäer ähnlich schwer feststzustellen wie für einen Nichtmuttersprachler die Herkunft eines Deutschsprechers aus Simbach (Deutschland) oder Braunau (Österreich).
Hat ein abgelehnter Asylbewerber seine Papiere weggeworfen und sich einen falschen Namen zugelegt, um seine Abschiebung zu erschweren, kann manchmal ein Dolmetscher helfen, der Sprachfärbungen und Dialekte erkennt und geographisch einordnen kann. Die Expertisen solcher Übersetzer werden jedoch nicht von allen Herkunftsländern akzeptiert. Im Regelfall zeigt sich das allerdings schon bei der Ablehnung der Ausstellung von Passersatzdokumenten durch Mitarbeiter der Botschaften. So eine Ablehnung muss nicht unbedingt in echten Zweifeln an der Staatsangehörigkeit begründet sein: Straftäter und Extremisten möchten auch Pakistan und andere Herkunftsstaaten aus Sicherheitsgründen lieber nicht wieder im Land haben.
Die Weigerung der Aufnahme am Flughafen war aber auch deshalb eine Überraschung, weil es vor einer Woche noch aus Brüssel hieß, dass sich die EU mit Pakistan auf eine Wiederaufnahme von Abgeschobenen einigen konnte. Die genauen Bedingungen dieser angeblichen Einigung wurden nicht bekannt gegeben. Vorher hatte der pakistanische Innenminister Nisar Ali Khan ein Aufnahmeabkommen aus dem Jahr 2009 einseitig gekündigt, nachdem sein afghanischer Amtskollegen 500 Millionen Euro für die Aufnahme von Abgeschobenen aus EU-Ländern verlangte.
Bei den Asylbewerbern, die am Dienstag die griechisch-mazedonische Grenze erst stürmen wollten und anschließend blockierten, handelt es sich griechischen Medien zufolge ebenfalls vorwiegend um Pakistanis. Sie werden - anders als Personen aus Syrien, dem Irak und Afghanistan - nicht mehr durch den Zaun gelassen, da ihre Chancen aus eine Asylberechtigung in Deutschland sehr gering sind. Die Pakistanis sollen bei ihrer Grenzblockade gerufen haben: "If we don't cross, no one does!"
Mikl-Leitner optimistisch
Die österreichische Innenministerin Johanna Mikl-Leitner verkündete nach einem Treffen mit Dimitris Avramopoulos, der EU-Migrationskommissar und ehemalige griechische Außenminister habe ihr mitgeteilt, "dass Griechenland bereit ist, sich zu bewegen, und endlich Verantwortung übernimmt beim Schutz der europäischen Außengrenze". Diese Ankündigung wertete die ÖVP-Politikerin vor dem heutigen Treffen der EU-Innenminister in Brüssel (bei dem es vor allem über die Migrationskrise gehen soll) als "wichtige[n] Schritt in die richtige Richtung". Eine "Reduktion der Migrationsströme" ist ihrer Ansicht nach Voraussetzung dafür, dass der Schengen-Raum "erhalten bleibt". Dafür müsse die EU-Außengrenze deutlich besser geschützt werden.
Die niederländische Regierung zweifelt dagegen daran, dass der marode Krisenstaat Griechenland es auf absehbare Zeit schaffen wird, seine Ägäisgrenze wirksam zu kontrollieren. Sie hat deshalb eine "Mini-Schengen-Zone" angeregt, die aus Deutschland, Österreich und den Benelux-Staaten bestehen soll. Die Außengrenzen dieser kleineren Schengen-Zone würden dann erneut kontrolliert und gesichert. Außerdem sollen Asylquoten eingeführt werden. Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel ist bislang nicht auf diesen Reformvorschlag eingegangen. (vgl. Niederländischer Ministerpräsident warnt vor Untergang der EU).
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