Panzer bringen keinen Durchbruch zum Frieden

Seite 2: Leiden und Risiken wachsen mit jedem Kriegstag

Angesichts der Eskalationsgefahr empfiehlt Jeffrey Sachs, Europa solle beide Kriegsparteien an den Verhandlungstisch drängen und die USA und Großbritannien auffordern, statt einer Fortsetzung des Krieges einen Kompromiss zu unterstützen. Ob es eine Chance auf Frieden in der Ukraine gebe, hänge maßgeblich von den USA ab, sagte Michael von der Schulenburg.

Als wichtigster Waffenlieferant der Ukraine müssten die USA die Ukrainer dazu drängen, einem Waffenstillstand zuzustimmen, sagte auch Jack F. Matlock, ehemaliger US-Botschafter in Moskau.

US-Generalstabschef Mark Milley befürchtet einen langen Abnutzungskrieg. Da keine Seite diesen Krieg gewinnen könne, führe eine Ausweitung der Kampfhandlungen nur zu mehr regionalen Opfern und berge die Gefahr einer nuklearen Eskalation für ganz Europa mit globalen Folgen. Gewonnen werden kann nur ein "tragfähiger Frieden", nicht der Krieg.

Der russische Angriffskrieg verursacht täglich unermessliches Leid, Tod und Zerstörung. Hauptleidtragende sind die Ukrainer:innen. Seit dem 24. Februar 2022 sind fast 200.000 gefallene und verwundete Soldaten auf beiden Seiten, etwa 50.000 zivile Tote und Millionen Flüchtlinge zu beklagen. Mit jedem Kriegstag wächst die Gefahr, dass der Krieg auf andere Staaten übergreift oder Atombomben eingesetzt werden.

Die Atommächte "verhandeln, aber sie kapitulieren nicht", so die Friedensforscherin Nicole Deitelhoff von der Hessischen Stiftung Friedens- und Konfliktforschung.

Statt die öffentliche Debatte allein auf Waffenlieferungen zu verengen, die letztlich die zugrunde liegenden politischen Konflikte nicht lösen und die Ukrainer:innen nicht retten können: Jetzt müssen Wege für eine diplomatische Kehrtwende gesucht werden. Solidarität mit der Ukraine heißt nicht, immer mehr Waffen zu liefern, sondern vor allem alles zu tun, um das Sterben zu beenden und den Weg zu einem gerechten Frieden zu finden.

Der neue deutsche Verteidigungsminister Boris Pistorius hat bei seinem Amtsantritt erklärt, dass der größte Teil der sogenannten Zeitenwende noch vor uns liege. Wir brauchen aber kein "Sondervermögen Bundeswehr", das ausschließlich auf militärische Sicherheit setzt, sondern massive Investitionen in eine sozial-ökologisch-friedliche Transformation, um die Klimakrise zu überwinden und einen Atomkrieg zu verhindern.

Mehr Rüstung schafft keinen Frieden. Unsere Gesellschaften haben angesichts der globalen Probleme weder die finanziellen noch die intellektuellen Ressourcen, gigantische Summen in eine neue Rüstungsspirale zu stecken. Im Sinne friedenslogischen Denkens und Handelns brauchen wir globale Kooperation, Diplomatie und kluge Investitionen zur gemeinsamen Lösung der kriegsauslösenden Konflikte.

Weitere Ideen und Ansätze zu "Waffenstillstand und Frieden für die Ukraine" finden Sie in unserem Hintergrundpapier