Parkplätze: Vergeudung von urbanem Raum
Eine bahnbrechende Untersuchung von 5 Städten in den USA stellt eine luxuriöse Masse von Parkplätzen fest, die viele Ressourcen verschlingen
Das Verkehrsproblem in Städten kennt jeder. Die Autos stehen fast den ganzen Tag unbewegt auf Parkplätzen und fressen damit einen Großteil der Verkehrsflächen des urbanen Raums. Diese sind aber in den Innenstädten zu klein, weswegen ein guter Teil des Verkehrs, man spricht von etwa einem Drittel, durch Parkplatzsuche verursacht wird, wodurch Lärm und Luftbelastung entstehen und viel Benzin und Zeit verbraucht werden. Private Parkplätze, Tiefgaragen und Parkhäuser können das Problem nicht lösen, zumal es so zu sein scheint, dass ein größeres Angebot an Parkfläche - ebenso wie an Straßen - das Verkehrsaufkommen erhöht.
Es ist nicht einfach abzuschätzen, wie viel Fläche der ruhende und der bewegte Verkehr in einer Stadt benötigt. Man kann die Verkehrsfläche einer Stadt mit der Zahl der Autos verbinden. Wenn man, wie das etwa auf ubeeqo gemacht wurde, von einem Durchschnittsauto, einem Mittelklassewagen mit einer Länge von 4,25 Metern und einer Breite von 1,79 Metern ausgeht, dann belegt jedes Fahrzeug 7,6 Quadratmeter Fläche. Dabei bleibt vieles unberücksichtigt, etwa die tatsächliche durchschnittliche Größe der Fahrzeuge, schließlich gehören auch LKWs, Busse, Lieferfahrzeuge etc. zum Fahrzeugbestand einer Stadt. Es sind nicht alle in der Stadt angemeldeten Fahrzeuge in dieser, dazu kommen die Fahrzeuge von privaten oder geschäftlichen Besuchern. Und dann parken auch nicht alle Fahrzeuge auf öffentlichen Flächen, sondern eben auch in Tiefgaragen oder privaten Stellplätzen.
Nach dem Ansatz kommt München in Deutschland am schlechtesten weg. Mit 0,49 Autos pro Einwohner dienen danach 12,5 Prozent der Verkehrsfläche oder über 5,300 Quadratkilometer als Parkraum. Interessant ist, dass andere Städte wie Karlsruhe mit einem Fünftel der Einwohner eine höhere Dichte an Autos haben (0,85 pro Einwohner), aber diese "nur" 11 Prozent der Verkehrsfläche beanspruchen. In Leipzig kommt 0,39 Autos auf einen Einwohner, weswegen der Platzverbrauch nur bei 5,74 Prozent liegt. In der Fahrradstadt Münster gibt es zwar mehr Autos (0,45 pro Einwohner). Aber der Platzverbrauch liegt nur bei 4,55 Prozent. Das verdankt sich freilich weniger den Fahrrädern, sondern eher dem Umstand, dass die Fläche im Verhältnis zu den Einwohnern größer ist, es also einfach mehr Platz gibt als in einem dichteren urbanen Raum.
In kleinen US-Städten ist das Verhältnis von Parkraum und Wohndichte mitunter grotesk
Eric Scharnhorst vom Research Institute for Housing America hat nun untersucht, wie viel Platz das Parken in fünf amerikanischen Städten beansprucht und mit welchen Kosten das verbunden ist. Interessant ist daran auch, wie sehr sich vor allem Großstädte von kleineren Städten unterscheiden. Scharnhorst hat die Situation in New York, Philadelphia, Seattle, Des Moines und Jackson, Wyoming, anhand der Daten von Satellitenbildern, der Statistikbehörde, der Grundsteuerämter, der Verkehrsbehörden der Städte, Parkverwaltungen und Karten wie Google Maps für eine Bestandsaufnahme der Parkflächen zu erfassen gesucht. Das beschränkt sich auf Parkplätze an den Straßen, Oberflächenparkplätze neben den Straßen und strukturierte Parkflächen, also als Parkplätze angelegte Räume auf der Oberfläche oder Parkhäuser.
Auffällig ist, dass es in Städten, die kleiner sind, wesentlich mehr Parkräume gibt als in großen Städten - und dass dies den Gemeinden sehr viel mehr kostet. So hat Des Moines mit 215.000 Einwohnern stolze 30 Parkplätze pro Acre (4043 Quadratmeter), das ist zwanzigmal mehr als die Einwohnerdichte (1 Haushalt pro Acre). Anders gesagt: Auf einen Haushalt kommen 20 Parkplätze. In New York beträgt die Einwohnerdichte 16,2 Haushalte pro Acre, aber es gibt nur 10,1 Parkplätze pro Acre. In ganz New York gibt es 1,85 Millionen Parkplätze (Tiefgaragen wurden nicht erfasst) für 8,7 Millionen Einwohner, in Des Moines hingegen 1,6 Millionen.
Wenig verwunderlich, dass in New York die öffentlichen Verkehrsmittel mehr genutzt werden und auch mehr ausgebaut sind. Am absurdesten ist das Verhältnis in der kleinsten Stadt, in Jacksonville mit etwas mehr als 10.000 Einwohnern, wo es auf einen Acre 53,8 Parkplätze und 2 Haushalte gibt. 37 Prozent der Fläche ist Parkraum, der aber großen Teils leer steht. Seattle hat mit etwas mehr als 700.000 Einwohner eine Parkplatzdichte von 29,7 und eine Haushaltsdichte von 5,2 pro Acre. Auch hier sind die vorhandenen Parkplätze maximal zu zwei Drittel genutzt.
Autos wird zu viel Platz eingeräumt, was den Städten teuer kommt
Scharnhorst hat berechnet, was ein Parkplatz pro Einwohner in den Städten kostet. Für New York, der am dichtesten bevölkerten und größten Stadt, kommt er gerade mal auf 6500 US-Dollar. Das hängt auch damit zusammen, dass die Straßen die größten Parkflächen sind und billiger kommen, als wenn es mehr Parkplätze und Parkhäuser gibt wie das In Seattle oder Des Moines der Fall ist. Je kleiner die Stadt, desto mehr kostet den Einwohnern das Freihalten der Parkplätze vor anderer Nutzung, auch wenn das nicht linear zunimmt. Für Seattle kommt er auf 117.000 US-Dollar, für die kleinste Stadt Jacksonville auf gewaltige 192.000 US-Dollar.
Ergebnis der Untersuchung ist, dass Städte auf ihrer gesamten Fläche unnötig dem Verkehr zu viel Raum als Parkplatz zur Verfügung stellen und gleichzeitig viel zu viel Geld dafür ausgeben, vor allem für Parkhäuser, zumal der Trend auch in den USA dahin geht, dass weniger Autos benutzt werden und die Zahl der Autos pro Haushalt sinkt. Eines der Probleme liege in der Stadtplanung. So werde bei jeder Baugenehmigung auch Parkplatz verlangt, ohne dass die Städte den Bestand aller Parkplätze erfassen.
Scharnhorst spricht von einer "luxuriösen Masse von Parkplätzen", der mit großen Ausgaben geschaffen wurde. In den 5 Städten entspricht der Wert seiner Schätzung nach 81 Milliarden US-Dollar. In Zukunft sollte die Städte die Möglichkeiten nutzen, um unbenötigten Parkplatzraum für andere Zwecke zu nutzen, beispielsweise für eine Verdichtung der Bebauung, während öffentliche Verkehrsmittel ausgebaut werden sollten.
Allerdings bleibe die Abschätzung ein komplexes Unterfangen, weil kaum abzusehen ist, ob durch gesellschaftliche und technische Trends der Parkplatzbedarf sich verändern wird. Sollten autonome Fahrzeuge in Massen kommen, so ist noch keineswegs ausgemacht, ob das zu einem sinkenden Verkehrsaufkommen und zu weniger Autos pro Haushalt führen wird. Zwar könnten die Besitzer/Nutzer Zeit sparen, indem die Autos selbständig einen Parkplatz suchen. Es sei auch nicht klar, ob das Zurverfügungstellen von zu wenigen Parkplätzen besser ist als von zu vielen.
Der Urbanist Richard Florida, der den Begriff der kreativen Klasse geprägt hat, fordert angesichts der Ergebnisse der Studie: "Es ist an der Zeit, dass wir unsere Städte von der Autounterbringung zurückfordern und den Raum für das nutzen, was wir mehr benötigen, vom Wohnen und Fahrradwegen bis zu Straßenkaffees und Parks." Aber dann müssten die Mensche auch weniger Autos besitzen und diese nutzen.
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