Parlamentswahlen in Lettland: Flopp für Putins Freunde

Seite 2: Gründe für den Absturz der prorussischen "Harmonie"

Schuld sind wohl einige Korruptionsaffären. So wurde Spitzenpolitiker Nils Usakovs 2019 als Rigaer Oberbürgermeister nach zehn Jahren Wirken seines Amtes enthoben.

Mit einiger Verzögerung erst hat sich die Parteiführung zudem nach der russischen Invasion von Moskau distanziert – was viele ihrer Wähler nicht goutiert haben.

Und doch hat es durchaus eine prorussische wie populistische Partei ins Parlament geschafft. Die 2021 gegründete Gruppierung "Für Stabilität!" erreichte fast sieben Prozent. Die Abspaltung von "Harmonie" verfolgt einen EU-kritischen Kurs, verlangt eine stärkere Rolle des Staates und möchte der russischsprachigen Bevölkerung mehr Rechte zugestehen.

Parteichef Alexey Roslikov kündigte eine "unmissverständlich aggressive Politik" für seine Klientel an.

Krisjanis Karins hingegen ist schon durch seine Vita ein Gegenmodell zur Sowjetnostalgie. Als Kind von politischen Flüchtlingen in den USA geboren; promovierte er dort in Sprachwissenschaft und begann 1996 im unabhängigen Lettland als Unternehmer tätig zu werden, da er als Dozent keine Arbeit fand. Ärger mit der lettischen Bürokratie ließen ihn politisch tätig werden.

Neben den allgemeinen Problemen der Wirtschaftskrise muss sich der EU-nahe Politiker auch mit der großen Unzufriedenheit über das Einkommensgefälle zwischen der Metropole Riga und dem Rest des Landes auseinandersetzen. Hier werden auch zwei neu gegründete Regionalparteien, die Teil des möglichen Koalitionspartners "Vereinigte Listen" sind, Druck ausüben.

Vermutlich wird eine Dreierkoalition aus dieser Allianz, Karins‘ "Neuer Einheit" und der Rechtsaußen-Formation "Nationale Allianz" gebildet. Die "Progressiven" haben zwar keine sowjetische Altlast an Bord, werden jedoch kaum mit den Rechten kooperieren.

Auch schwebt ihnen ein steuerintensives skandinavisches Wohlfahrtsmodell vor, das kaum zu den volkswirtschaftlichen Vorstellungen Karins‘ passt.

Lettlands besitzt eine der labilsten Parteienlandschaften in der EU, Krisjanis wird der vermutlich erste Premierminister, der nach einer ganzen Legislaturperiode weiter machen darf.

Wenn sich auch die Regierung in Riga für eine harte Linie gegen Russland aussprach, so war man im Hinblick auf die Energiepolitik kompromissbereit. Nach einem Lieferstopp erhält Lettland seit August wieder Gas aus Russland, allerdings nicht von Gazprom, sondern von einem nicht genannten russischen Lieferanten.

Die Gasspeicher seien gut gefüllt, so erklärte das Energieministerium nach Bekanntwerden der Lecks in den Nordstream-Leitungen. Vor den Wahlen hatte die Regierung die Debatte um eine Energiekrise so weit wie möglich vermieden.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

Mit Ihrer Zustimmmung wird hier eine externe Buchempfehlung (Amazon Affiliates) geladen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen (Amazon Affiliates) übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.