Parteinahe Stiftungen: honoriert für die Nähe zur Macht

Seite 3: Machtpolitik – im Innern und Äußeren

Die Gründung der politischen Stiftungen in der Adenauer-Ära, so informiert die Bundeszentrale für politische Bildung, "war eine Reaktion auf die Erfahrungen der Zeit der Weimarer Republik und ihres Scheiterns. Den Parteien war es damals nicht gelungen, die Mehrheit der Bürger:innen von der Demokratie und ihren Werten zu überzeugen…

Mit dem Aufbau der politischen Stiftungen nach 1945 war vor allem die Hoffnung verbunden, einen Beitrag zur Stabilisierung der jungen Demokratie der Bundesrepublik Deutschland zu leisten."

Die Stiftungen nennen als ihre Hauptaufgabe neben der Vermittlung politischer Bildung (inklusive Bereitschaft zum politischen Engagement) die "Wissenschaftsförderung". Durch politische Forschung und Beratung seien Grundlagen politischen Handelns zu erarbeiten sowie der Dialog und Wissenstransfer zwischen Wissenschaft, Politik, Staat und Wirtschaft zu vertiefen.

Als offizielle Aufgaben werden neben der Bildung der Bevölkerung im In- und Ausland die Begabtenförderung und die Entwicklungszusammenarbeit angeführt. Diese Aufgaben liegen nach dem BVG-Urteil im öffentlichen Interesse.

Ihre Abarbeitung hat dabei eine beachtliche Reichweite. So liegt eine Studie der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) aus dem Jahr 1998 vor, die die politischen Stiftungen als "diplomatische Hilfstruppen" bezeichnet (dazu eine kritische Analyse von Matthias Rude).

Sie betreiben demnach eine "Nebenaußenpolitik", geschickt verpackt als zivilgesellschaftliche Aktivität. Eine Praxis, die hiesige Politiker und Journalisten bei russischen oder chinesischen Versuchen ähnlichen Kalibers sofort als hinterlistige staatliche Machenschaft durchschauen!

Die FDP kann in ihrem aktuellen Wahlprogramm sogar unter dem Stichwort "Liberale Demokratien gegen Desinformation und Einflussnahme schützen" beides im selben Atemzug vortragen - die Anprangerung der heimtückischen Desinformationsmaßnahmen auswärtiger Mächte und die Forderung, der eigenen verdeckten Einflussnahme freie Bahn zu schaffen:

Gegen verdeckte Parteienfinanzierung aus dem Ausland muss auf europäischer Ebene einheitlich vorgegangen werden. EU-Kommission und Europäischer Auswärtiger Dienst müssen die Mitgliedstaaten beraten und eine Beeinflussung der Willensbildungsprozesse und Wahlen in demokratischen Staaten aus autokratisch regierten Ländern verhindern. Deutschland muss sich durch aktive Diplomatie, eine Bündelung der Zuständigkeiten bei den zuständigen Nachrichtendiensten sowie die Arbeit der politischen Stiftungen besser schützen."

Nie gab es mehr zu tun

Laut der DGAP-Studie geht es den Stiftungen darum, im Ausland "politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Eliten, denen eine besonders wichtige Rolle bei der Etablierung demokratischer und marktwirtschaftlicher Strukturen zukommt, zu fördern".

Dies sei ein Ziel, das "die regierungsoffizielle Außenpolitik aufgrund einer auch durch fundamentale völkerrechtliche Normen gebotenen Zurückhaltung kaum in vergleichbar direkter Weise" verfolgen könne. Der Punkt mit der "gebotenen Zurückhaltung" ist natürlich ein Witz - angesichts von zwei Dutzend Jahren deutscher militärischer Einmischung im Fall angefeindeter Regime vom Balkan bis zum Nahen Osten!

Aber die – formal – substaatliche Einflussebene hat auch ihre Relevanz, speziell was die Neugründung oder den Aufbau von Parteien (siehe Ukraine, siehe Russland) angeht. In den Richtlinien des Auswärtigen Amtes heißt es über die Stiftungen ganz banal, sie trügen "zur Vorbereitung und Flankierung der deutschen Außenpolitik bei".

Die DGAP-Experten wollen zwar nicht "hinter allen möglichen wichtigen Entwicklungen und Veränderungen in anderen Staaten eine geheimdienstähnliche 'invisible hand' der Stiftungen vermuten", aber dass sie an außenpolitischen Weichenstellungen entscheidend mitgewirkt und sich faktisch zu einem bedeutsamen, "wenn auch wenig sichtbaren und kaum schlagzeilenträchtigen" Element deutscher Außenpolitik entwickelt haben, sei nicht zu bestreiten.

Für die Wissenschaftler ein Beleg, dass deutsche Machtpolitik – was sich als Bedenken, aber auch mit Stolz vortragen lässt - "nicht der Vergessenheit anheimgefallen" ist. Ein "Beitrag zur Stabilisierung" der BRD, wie die Bundeszentrale hervorhebt, wird auf diese Weise im Innern wie im Äußern allemal auf den Weg gebracht. Und das muss man sich eben etwas kosten lassen.