"Partygate": Wie fest sitzt Johnson im Sattel?

Seite 2: Premierminister kannte eigene Gesetze nicht

Johnson denkt dennoch nicht an Rücktritt. Zwar verlas er am Dienstagabend eine öffentliche Erklärung – er habe damals nicht gewusst, dass er gegen ein Gesetz verstoße, respektiere aber das Ergebnis der polizeilichen Ermittlungen – scheint aber diese Krise aussitzen zu wollen. Die Chancen dafür stehen nicht schlecht. Noch kurz vor Beginn des Ukraine-Krieges gab es eine Reihe konservativer Abgeordneter, die Johnsons Rücktritt forderten und entsprechende Schritte für dessen Absetzung einleiten wollten.

Nun ist Johnson ein Premierminister im Krieg. Seine innerparteilichen Kritiker:innen rudern deshalb vorerst zurück. Inszenierungen wie der Spaziergang in Kiew haben ihm da sehr geholfen. Auch Außenministerin Truss unterstützt auf sozialen Medien demonstrativ den Premierminister.

Das britische Engagement in der Ukraine reicht bis in die Zeit des Euro-Maidans 2014 zurück. Neben den USA gibt es keinen anderen NATO-Staat, der sich in den vergangenen Jahren derart pro- aktiv mit finanzpolitischen und militärischen Initiativen eingebracht hat. Das liegt sicher auch in der historischen Rolle Großbritanniens als engster Verbündeter der USA in Westeuropa begründet. Diese enge Bindung äußert sich unter anderem in der drohenden Auslieferung des Enthüllungsjournalisten und Wikileaks-Gründers Julian Assange an die USA. Assange wird derzeit im Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh festgehalten, unter folter-ähnlichen Bedingungen, wie dessen Unterstützer:innen betonen.

Die Vasallentreue Großbritanniens war auch der Hauptgrund dafür, warum sich die USA für einen Verbleib Großbritanniens in der Europäischen Union ausgesprochen und offen in das EU- Austrittsreferendum im Jahr 2017 eingegriffen hatten. Die Vereinigten Statten befürchteten durch den Brexit einen Einflussverlust auf die Politik des kontinental-europäischen Staatenbündnisses.

In diesem Kontext sind auch immer wieder erhobene Vorwürfe einer russischen Einmischung in das EU-Referendum zu betrachten. Die Ursachen für den Brexit lagen in den tiefen sozialen Verwerfungen Großbritanniens begründet. Die Auseinandersetzungen um ihn waren und sind aber auch geopolitischer Natur. Die im Detail sehr unterschiedlichen geopolitischen Interessenslagen innerhalb Europas wurden zuletzt wieder dadurch verdeutlicht, dass der deutsche Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier einen geplanten Besuch in Kiew absagen musste, weil er sich dort "nicht willkommen" fühlte – sehr im Gegensatz zum betont enthusiastischen Empfang für Boris Johnson.

Denn Großbritannien ist in den vergangenen Jahren seinen atlantischen Verpflichtungen nachgekommen, Brexit hin oder her. Laut Angaben der britischen Regierung unterstützt das Vereinigte Königreich seit 2014 das ukrainische Militär.

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