Pech für Airbus
Mauscheleien zwischen Pentagon und Boeing?
Der europäische Flugzeugbauer Airbus hatte im Jahr 2002 einen milliardenschwereren Auftrag des amerikanischen Verteidigungsministeriums ausgerechnet an den größten Konkurrenten verloren, den amerikanischen Boeing-Konzern. Doch möglicherweise ging bei der Vergabe nicht alles mit rechten Dingen zu (Bush-Regierung ist mit der Rüstungsindustrie verfilzt). Das Pentagon hat jedenfalls eine Untersuchung angekündigt.
Bei dem fraglichen Rüstungsgeschäft geht es um einen Auftrag aus dem Jahre 2001. Die US-Luftwaffe wollte 100 Großraumjets leasen und zu Tankflugzeugen umrüsten, um die alten KC-135-Flugzeuge zu ersetzen. Für den Auftrag, der im US-Haushalt nach Schätzungen des Haushaltsbüros des Weißen Hauses mit 26 Milliarden Dollar über zehn Jahre zu Buche schlägt, bewarben sich Boeing mit der Boeing 767 und EADS bzw. dessen Tochter Airbus mit dem Airbus A330. Das Pentagon entschied sich für das Angebot von Boeing und begründete die Wahl mit Leistungsparametern, der Größe des Flugzeugs und den finanziellen Details des Angebots.
Jetzt gibt es Anzeichen dafür, dass Insidertipps die entscheidende Rolle bei dem Geschäft gespielt haben. Einige Kongressmitglieder haben Emails von Boeing-Lobbyisten veröffentlicht, die nahe legen, dass Darleen Druyun, die zum damaligen Zeitpunkt bei der Luftwaffe für Beschaffung zuständige Pentagon-Mitarbeiterin, Details des Airbus-Angebotes an Boeing weitergegeben hat. Boeing hatte auf diese Weise einen Wettbewerbsvorteil. So hat etwa Andrew Ellis, Boeing-Vertreter in Washington, am 1. April 2002 in einer Email berichtet, Druyun habe Boeing gewarnt, dass das Airbus-Angebot 5 bis 17 Millionen Dollar günstiger sei:
darleen told us several times to keep in mind that EADS proposed price on green A330 was $5-$17M cheaper than green 767
Das Pentagon will nun eine Untersuchung einleiten. Joseph Schmitz, der Generalinspekteur des Pentagons, habe gegenüber dem Streitkräfteausschuss des Senats gesagt, es gebe "ausreichend glaubwürdige Informationen, um den Beginn einer Untersuchung zu rechtfertigen", berichtete US-Senator John McCain, Mitglied des Streitkräfteausschusses. McCain gehört zu den hartnäckigen Kritikern des Projekts. Der Senator, ein Republikaner und Irak-Kriegsbefürworter, hält die Flugzeuge für unnötig und überteuert: "Die Tankflugzeuge wurden nie von der Luftwaffe angefordert, bevor eine entsprechende Anschaffung in dem Beschaffungsgesetz auftauchte."
In der Email von Ellis findet sich auch Bemerkungen über Senator McCain und den Streitkräfteausschuss, das Senate Arms Service Committee (SASC), die deutlich machen, wie Pentagon und Boeing gemeinsam gegen Kritiker vorgehen. Ellis schlägt unter anderem Artilleriefeuer - im übertragenen Sinne - vor, "jedes Mal, wenn Senator McCain das Programm oder die Air Force attackiert":
darleen is fearful/concemed with sen. mccain, prospect of sasc hearings, etc, etc. [note: rudy, we can probably do ourselves alot of good and also help air force confidence by putting together a 'mccain/sasc' strategy - led by sen. roberts, etc, etc. in general, i just think the air force hopes to see and hear more vocal tanker support coming from hill - particularly some 'counter battery' fire every time sen. mccain attacks the program or the air force]
McCain ist nicht der einzige, der seine Zweifel am Sinn des Geschäftes hat. Auch das "General Accounting Office", der oberste Rechnungshof, warf in einem Report die Frage auf, ob die Luftwaffe wirklich schon Ersatz für KC-135-Flugzeuge brauche. Das "Congressional Budget Office" rechnete - im Unterschied zum Weißen Haus - vor, dass das Leasen der Flugzeuge mit 37 Milliarden Dollar um 12 Milliarden teurer sei als ein Kauf der Flugzeuge. Der US-Grüne Ralph Nader kritisierte mit anderen Nichtregierungsorganisationen zusammen den Flugzeugkauf als versteckte Subvention für Boeing:
Wenn jemand im Kongress meint, Boeing müsse unterstützt werden, dann soll er direkte Subventionen für dieses Unternehmen vorschlagen. Der Kongress kann dann darüber debattieren, umfangreiche öffentliche Anhörungen durchführen und schließlich abstimmen.
Dem Project On Government Oversight geht die Untersuchung des Pentagon nicht weit genug. In einem Brief an den Generalinspekteur des Pentagon vom 4. September beklagte Danielle Brian, Geschäftsführerin des "Project On Government Oversight", die Untersuchung beziehe sich nur auf die Email vom 1. April. Sie forderte, die Untersuchung auszuweiten, und legte weiter Emails vor, die ihrer Ansicht nach eine "außergewöhnliche enge Kommunikation" zwischen Druyun und den Boeing-Lobbyisten belegen.
Darleen Druyun hat inzwischen die Seiten gewechselt. Seit Januar 2003 arbeitet sie für Boeing, wo sie für Raketenabwehr zuständig ist. Zu Boeings Raketenabwehr-Technologie gehören das landgestützte "Midcourse Defense Segment", das "Missile Defense National Team Systems Engineering and Integration effort", das "Patriot"-Raketenabwehrsystem, das seegestützte "Midcourse"-System sowie das "Airborne Laser"-Programm. Boeing argumentiert, dass Druyun damit in einem anderen Bereich tätig ist als im Pentagon.
Danielle Brian hat allerdings ihre Zweifel, ob damit ein "klarer Schnitt" zwischen den beiden Tätigkeiten gemacht wurde. Sie sieht in Druyuns Arbeit für Boeing einen klaren Verstoß gegen den Procurement Integrity Act, wonach Regierungsangestellte, die für Auftragvergaben über 10 Millionen Dollar zuständig waren, ein Jahr lang keine Zahlungen von dem Auftragsnehmer empfangen oder bei diesem angestellt werden dürfen.