Pentagon-Anordnung: US-Militär soll sich auf Krieg gegen China vorbereiten

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Trump-Regierung verschärft Anti-China-Kurs, wie Strategiepapier zeigt. US-Truppen im Pazifik werden zur "Speerspitze". Wohin führt der Machtpoker um Taiwan?
Der US-Verteidigungsminister Pete Hegseth hat das US-Militär in einem größtenteils geheim eingestuften Memo angeordnet, den Fokus darauf zu legen, sich auf einen Krieg gegen die Atommacht China vorzubereiten. Es wird zudem von Risiken in Europa und anderen Teilen der Welt gesprochen. Das berichtet die Washington Post.
Das Papier mit dem Titel "Interim National Defense Strategic Guidance" soll laut Post die "Vision von Präsident Donald Trump" wiedergeben, "um sich auf einen möglichen Krieg gegen Beijing (Peking) vorzubereiten und ihn zu gewinnen sowie die Vereinigten Staaten vor Bedrohungen im 'nahen Ausland', einschließlich Grönland und dem Panamakanal, zu schützen."
Die Neuausrichtung des Pentagon, die Hegseth im Papier vornimmt, zielt darauf, eine Eroberung Taiwans durch die Volksrepublik China unter Präsident Xi Jinping abzuschrecken. Sie soll Mitte März vom Verteidigungsministerium an hochrangige Militärs verteilt worden sein. Anders als die Biden-Regierung, die China ebenfalls als größte Bedrohung für die USA bezeichnet hatte und die Streitkräfte auf den pazifischen Raum orientierte, gehen die Anweisungen der Trump-Regierung weiter.
So sei laut Post die "Beschreibung der potenziellen Invasion Taiwans als das einzige Szenario, das Vorrang vor anderen potenziellen Gefahren haben muss" "außergewöhnlich". Damit werde die riesige US-Militärarchitektur in einem Maße auf den indopazifischen Raum fokussiert, wie es bisher nicht der Fall gewesen sei.
Nach Hegseth ist China "die einzige imminente Bedrohung für das Verteidigungsministerium". Zugleich sei die Verhinderung einer chinesischen Eroberung Taiwans, mit der vollendete Tatsachen geschaffen werden sollen, das einzige ernste Bedrohungsszenario, mit dem man sich, neben der Verteidigung der USA, vorrangig beschäftige.
Diese Priorisierung spiegelt sich auch darin, dass andere Konflikte an Gewicht verlieren. So heißt es in dem Pentagon-Memo, dass die USA "bei der Planung von Eventualitäten für einen Krieg der Großmächte nur den Konflikt mit Beijing in Betracht ziehen" und die "Bedrohung durch Moskau weitgehend den europäischen Verbündeten überlassen."
Die militärische Hegseth-Anordnung folgt damit den Äußerungen von US-Präsident Trump, der von den Nato-Mitgliedsstaaten fordert, mehr Verantwortung zu übernehmen. So heißt es in der neunseitigen Schrift, dass die USA Europa, abgesehen von der nuklearen Abschreckung, nicht wesentlich bei einem russischen Vorrücken unterstützen werden.
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Nach Angaben der Post ähneln mehrere Passagen entsprechenden Ausführungen in einem längeren Bericht der Heritage Foundation aus dem Jahr 2024, einige davon seien fast identisch. Auch personell gäbe es Verflechtungen. Einer der Co-Autoren des Heritage-Berichts, Alexander Velez-Green, ist im Moment oberster politischer Beamter des Pentagons.
Um China daran zu hindern, Zugang zu Taiwan zu erhalten, sieht die Pentagon-Richtlinie eine Reihe von abschrecken Maßnahmen vor. Die Truppenpräsenz soll insgesamt erhöht werden, darunter U-Boote, Bomber, nichtbemannte Schiffe und Spezialeinheiten; gleichzeitig will man die Verteidigungsfähigkeiten stärken.
Die Spannungen rund um die autonom regierte Inselrepublik, die von Beijing als Teil Chinas angesehen wird, nehmen seit Längerem immer mehr zu. Der letztes Jahr gewählte Präsident Taiwans, Lai Ching-te, erklärte China im Rahmen der nationalen Sicherheitsgesetzgebung zur "ausländischen feindlichen Macht" und kündigte eine Reihe von Maßnahmen an, um dem wachsenden Einfluss und den Spionageaktivitäten des Landes entgegenzuwirken.
Am Dienstag startete China ein groß angelegtes Militärmanöver in der Nähe zu Taiwan. Das taiwanesische Verteidigungsministerium gab bekannt, dass es am frühen Dienstagmorgen 19 Schiffe der Volksbefreiungsarmee unweit der Insel gesichtet habe, darunter den chinesischen Flugzeugträger Shandong. Die Regierung Taiwans verurteilte Chinas Militärübung als "eskalierendes Verhalten".
Das Kräftemessen zwischen Taiwan und China läuft ab vor der geopolitischen "Wende nach Asien" ("Pivot to Asia"), ausgerufen vom ehemaligen US-Präsidenten Barack Obama Anfang der 2010er-Jahre. Washington hat sich seither durch Besuche von hochrangigen Politikern in Taiwans Hauptstadt Taipeh und durch Aufrüstung im Pazifik immer wieder in den Konflikt eingemischt und ihn dadurch angeheizt.
Die jahrzehntelange Doktrin der "strategischen Ambiguität" gegenüber Taiwan (eine gewollte Unklarheit darüber, ob die USA Taiwan im Falle eines Angriffs verteidigen würden) wird nun offen infrage gestellt, was die Kommunistische Partei Chinas in Aufruhr versetzt hat.
Begleitet wird das von Provokationen direkt an der chinesischen Grenze. Im Frühjahr letzten Jahres fand zum ersten Mal ein gemeinsames Militärmanöver der USA und der philippinischen Armee außerhalb der territorialen Gewässer der südostasiatischen Inselnation statt.
Die Philippinen und China streiten über territoriale Souveränität im Südchinesischen Meer. Beijing hatte Manila vor solchen "Provokationen" gewarnt, die zu größerer Unsicherheit und Instabilität in den Gewässern führen würden.
Zudem wird China von nun 400 US-Militärstützpunkten umgeben, während Washington in den letzten Jahren mit verbündeten "Wachposten-Staaten" entlang der chinesischen Pazifikgrenze und einer "Mini-Nato" aus Südkorea, Japan und den USA Druck auf Beijing ausübt – was von China und Beobachtern als Einkreisungs- und Eindämmungspolitik kritisiert wird.
Die Trump-Regierung hat diesen Kurs nun verschärft. Ende März besuchte Hegseth die US-Pazifiktruppen auf der Insel Guam östlich der Philippinen. Er erklärte, dass Präsident Trump sich auf die Streitkräfte des Indo-Pazifischen Kommandos verlasse, "bereit zu sein für jeden möglichen Konflikt". Sie seien "die Speerspitze" für militärische Operationen der USA.
Im Pentagon-Memo wird aber nicht nur die militärische Abschirmung Taiwans von China propagiert, sondern auch gefordert, die taiwanesische Regierung unter Druck zu setzen, damit sie mehr ins eigene Militär investiert. Trump hatte die Inselrepublik schon zuvor kritisiert, zu wenig für die eigenen Verteidigung zu tun und verlangt eine Anhebung der Verteidigungsausgaben auf zehn Prozent des BIP. Das liegt deutlich über dem, was die USA mit ihrem enormen Militärbudget selbst ausgeben.
Letzte Woche kündigte Präsident Lai Ching-te schließlich an, den Verteidigungsetat von derzeit etwa 2,5 Prozent auf über drei Prozent zu erhöhen. China zeigt sich zunehmend verärgert über die Absetzbewegungen. Beijing warnte, dass "diejenigen, die mit dem Feuer spielen, sich verbrennen werden".
Währenddessen erklärt US-Verteidigungsminister Hegseth, dass die USA ein weiteres amerikanisches Raketensystem auf den Philippinen stationieren werden, das chinesische Militäreinrichtungen im umstrittenen Südchinesischen Meer ins Visier nehmen kann. Die Stationierung folgt auf Mittelstreckenraketen, die bereits im letzten Jahr von den USA geliefert wurden und das chinesische Festland erreichen können.
Ein weiterer Schritt, der die Spannungen und Fehlkalkulationen mit China erhöhen wird.