Pentagon sperrt den Zugriff auf offizielle Wahlseite für die US-Bürger im Ausland

Angeblich soll die Website mit den Sperrungen kurz vor dem Ende der Anmeldefrist für die Teilnahme an der Präsidentschaftswahl vor Hackerangriffen geschützt werden

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Schon länger ist bekannt, dass das Pentagon Websites für Soldaten im Irak blockiert, die unerwünschte Informationen enthalten können (Access Denied). Das wurde gerade noch einmal bestätigt. Überdies wird natürlich der gesamte Internetverkehr der Soldaten überwacht. Nun aber wurde auch bekannt, dass das Pentagon auch den Zugang zu einer offiziellen Website aus dem Ausland gesperrt hat, die eigentlich gerade dazu eingerichtet wurde, den im Ausland befindlichen Wählern bei der Stimmabgabe zu helfen.

Die Präsidentschaftswahl dürfte wie beim letzten Mal sehr knapp ausfallen. Ein paar Hundert Stimmen haben hier den Ausschlag gegeben, da das Oberste Gericht eine Überprüfung der Wahl in Florida verhindert hat. In Florida hat die überwiegende Mehrzahl der Bürger, die im Ausland leben und überhaupt gewählt haben, für Bush gestimmt. Auch jetzt kann wieder jede Stimme oder auch jede Stimmenthaltung wichtig werden. Insgesamt leben rund 6 Millionen "Expatriates", zu denen auch Soldaten und Regierungsangestellte gehören, im Ausland. Besonders entscheidend für die demokratischen und republikanischen Wahlinitiativen sind die Amerikaner im Ausland, die ihre Stimmen in einem der "swing states" abgeben können, bei denen, wie auch dieses Mal wieder in Florida, die Wahlentscheidung sehr knapp ausfallen kann und die auch dadurch entscheidend sein können. Schon allein die Termine, bis wann die Auslandsamerikaner sich registriert haben müssen, sind in jedem Staat verschieden.

Registrieren können sich die "Expatriates" auch online. Websites wie die neu eingerichtete Overseas Vote 2004, US Abroad, Tell An American To Vote, Americans Overseas for Kerry (AOK) oder Republicans Abroad werben für die Stimmabgabe und geben Auskunft, was dafür zu tun ist, und bieten die Möglichkeit, die notwendigen Schritte auch gleich online auszuführen. Man kann sich zwar auch auf anderen Websites zur Wahl anmelden, wobei es aber offenbar oft Probleme mit dem Herunterladen der Dokumente gibt, die offizielle Seite dafür ist aber Federal Voting Assistance Program (FVAP).

Nun aber hat das Pentagon begonnen, den Zugang zu der FVAP-Site für den Zugriff von vielen Ländern aus zu blockieren. Die Website wendet sich zwar neben Soldaten auch an Zivilisten, wird aber vom Verteidigungsministerium betrieben. Das könnte womöglich für die im Ausland lebenden Amerikaner, die sich noch nicht registriert haben, Auswirkungen haben. Zwar haben sich bislang immer nur wenige Expatriates an den Wahlen beteiligt, was auch an den damit verbundenen Schwierigkeiten lag, aber in Zeiten des Internet und der Online-Registrierung könnte dies anders werden - falls die Interessierten die notwendigen Informationen besitzen.

Angeblich hat, wie der International Herald Tribune berichtet das Pentagon den Zugang auf die Wahlseite bislang von 25 Ländern aus blockiert. Auch von Deutschland aus scheint ein Zugriff nicht mehr möglich zu sein. Die Begründung des Pentagon gleicht derjenigen, die auch für die Filterung von Websites, u.a. zur Auflistung der US-Opfer im Irak, gegeben wird. Hier wird gesagt, dass man dann, wenn es offizielle Informationen gebe, den Zugang zu anderen Websites sperre, deren Angaben nicht verlässlich seien. Im Fall der Wahlseite wird dies damit begründet, dass diese wie auch andere Websites der Regierung permanent das Ziel von Hackern sei und deshalb geschützt werden müsse.

Offenbar wird der Zugang für bestimmte Internetprovider wie Yahoo Broadband in Japan, Wanadoo in Frankreich, BT Yahoo Broadband in Großbritannien oder Telefónica in Spanien zu FVAP gesperrt. Das hat gegenüber der IHT auch eine Pentagon-Sprecherin bestätigt. Einer Frau in Frankreich, die sich wegen des fehlenden Zugangs beschwerte, antwortete eine Mitarbeiterin von FVAP:

We are sorry you cannot access www.fvap.gov. Unfortunately, Wanadoo France has had its access blocked to U.S. government Web sites due to Wanadoo users constantly attempting to hack these sites. We do not expect the block to be lifted.

Annalee Newitz von der Electronic Frontier Foundation kritisiert, dass die Regierung zwar nichts unternehme, um die Wahlcomputer in den USA sicherer zu machen, die sich auch manipulieren lassen, während Websites für die im Ausland lebenden Bürger gesperrt würden. Andere machen darauf aufmerksam, dass eine Internetblockade für bestimmte Provider nicht gerade geeignet ist, Hackerangriffe abzuwehren. Diese würden andere Wege finden, weswegen es besser sei, die Websites selbst richtig zu sichern.

Offenbar wächst womöglich nicht in den USA selbst, aber gerade bei den Soldaten, die in den Irak geschickt wurden und dort täglich ihren Kopf für die Politik ihrer Regierung hinhalten müssen, der Widerstand zu Bush. So berichtet der Christian Science Monitor, dass bei den US-Soldaten im Irak nicht nur Michael Moores Film "Fahrenheit 9-11" begehrt ist, sondern auch die Stimmung für Kerry wächst, der möglicherweise, sollte er gewählt werden, die Truppen schnell aus dem Irak zurückziehen würde. So sagt ein in Nadschaf stationierter Soldat:

9 von 10 Menschen, mit denen ich spreche, wäre es völlig egal, wer gegen Bush antritt - Sie würden ihn wählen. Die Menschen haben die Schnauze voll vom Irak und von Bush.

Normalerweise sind Soldaten und ihre Angehörigen überwiegend den Republikanern zugeneigt. Aber der Irak-Krieg, der mit Lügen begonnen wurde und länger sowie blutiger wurde als gedacht, lässt die Kritik wachsen. Und die Stimmung unter den 1,4 Millionen Soldaten und ihren 1,3 Millionen Angehörigen in den USA und im Ausland kann ebenfalls für die Wahl entscheidend sein. Schließlich werden die Soldaten jetzt nicht nur länger im Irak, in Afghanistan oder anderswo im Ausland stationiert, die Wahrscheinlichkeit, dass sie in Kampfeinsätze kommen, wird auch größer, zumal Rumsfeld das Truppenkontingent im Irak nicht aufstocken will.