Perfluortenside - Die langen Schatten der Vergangenheit
Seite 3: Fehler im System
Als der Toxic Substances Control Act 1976 in Kraft trat und die EPA ab 1979 mit der Überprüfung von Chemikalien begann, verblieb PFOA einfach weiterhin am Markt - eine ungeprüfte Chemikalie unter 60.000 anderen. Die EPA hätte nur Sicherheitstests anordnen können, wenn der Behörde Beweise für ein von der Substanz ausgehendes unverhältnismäßiges Risiko für Mensch und Umwelt vorgelegen hätten.
Dass man bei DuPont dafür sorgen konnte, dass diese Beweise jahrzehntelang nicht an die Öffentlichkeit kamen, zeigt eine dem risikobasierten Ansatz zur Chemikalienregulierung innewohnende Schwäche auf. Es ist eine Form der Chemikalienregulierung, der im Rahmen der Beseitigung von vermeintlichen Handelshindernissen nun auch verstärkt in Europa das Wort geredet wird und mit der das Vorsorgeprinzip ausgehöhlt wird (Endokrine Disruptoren).
Die jetzige Einigung legt die Klagen von Anwohnern wegen erlittener Gesundheitsbeeinträchtigungen bei. Sie kommt zu einem Zeitpunkt, an dem DuPont mit Dow Chemical fusioniert - und scheint Befürchtungen zu zerstreuen, dass eventuelle Verbindlichkeiten im Ohio Valley-PFOA-Fall in einer Größenordnung von 5 Milliarden US-Dollar die Fusionspläne sprengen könnten. Ein erster Indikatorfall war im Oktober 2015 verhandelt worden: Einer Nierenkrebs-Überlebenden aus der Gemeinschaft der Kläger wurden 1,6 Millionen US-Dollar zugesprochen. DuPont ging in Berufung.
Im Rahmen der aktuellen Einigung sollen neben der anteiligen Zahlung von 670 Millionen US-Dollar weitere Gelder fließen: Chemours zahlt über die nächsten fünf Jahre für zukünftig eventuell entstehende Verbindlichkeiten bis zu 25 Millionen US-Dollar jährlich. DuPont deckt Verbindlichkeiten darüber hinaus mit bis zu weiteren 25 Millionen US-Dollar pro Jahr ab.
Chemours war 2015 aus dem Konzerngeflecht von DuPont ausgegliedert worden und sollte ursprünglich allein für die künftig anfallenden PFOA-Folgenkosten aufkommen - ein Plan, der mittlerweile aufgegeben wurde. Experten hielten in dieser Konstellation eine Pleite des Unternehmens für denkbar. Als Teil der Einigung hat Chemours zugestimmt, seine Haftung für entstandene PFOA-Folgenkosten nicht anzufechten.