Personalmangel bei der Bundeswehr: Deutschland dienen – auch ohne Deutschen Pass?

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Debatte über ausländische Staatsbürger in Streitkräften: Russland und USA locken Rekruten mit schneller Einbürgerung. Das sind die Erfahrungen.

Nicht zum ersten Mal wird wegen Personalmangels diskutiert, ausländische Staatsbürger für die deutschen Streitkräfte anzuwerben. Bereits im Mai 2023 hatte die Bild über ein Papier der CDU-Fachkommission "Internationale Stabilität" berichtet, in dem davon die Rede war.

Es geht um Personen, die lange in Deutschland leben

Gerade ist die Debatte wieder aufgeflammt: "Wir wären nicht die ersten Streitkräfte in Europa, die das tun würden", sagte Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) Ende vergangener Woche dem Tagesspiegel. "Es gibt Menschen im Land, die in zweiter oder dritter Generation in Deutschland leben, aber noch nicht die deutsche Staatsangehörigkeit haben. Unsere Experten haben diese Frage aufgeworfen", so der Wehrminister.

Sein Ressort widme sich "diesem Thema mit der gebotenen Gründlichkeit", stehe aber noch am Anfang. "Grundsätzlich müssen wir bei der Suche nach geeigneten jungen Menschen, die ihren Dienst in der Bundeswehr zu leisten bereit sind, deutlich europäischer denken", schloss sich die FDP-Abgeordnete und Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Bundestag, Marie-Agnes Strack-Zimmermann, im Gespräch mit der Rheinischen Post an.

Russland: Kriegsdienst für schnelle Einbürgerung

Außerhalb der EU kämpfen sowohl in den Streitkräften der USA und Kanadas als auch in der russischen Armee ausländische Staatsbürger.

Der Kreml hat Anfang Januar ein Dekret veröffentlicht, das Ausländern, die im Krieg gegen die Ukraine für Russland kämpfen, die Einbürgerung erleichtern soll. Voraussetzung sei, dass die Ausländer einen mindestens einjährigen Vertrag mit der russischen Armee oder anderen bewaffneten Organisationen abgeschlossen hätten.

USA: Das kurze Leben eines Green Card Soldiers

Ein ähnliches Anreizsystem gibt es in den USA seit Jahrzehnten: Auch der erste im Irak-Krieg 2003 gefallene US-Soldat war kein US-Staatsbürger, sondern ein "Green Card Solider" – als ehemaliges Straßenkind aus Guatemala erhoffte er sich vom Militärdienst eine unkomplizierte Einbürgerung und Chancen. Seine Geschichte hat die Schweizer Filmemacherin Heidi Specogna 2006 in dem Dokumentarfilm "Das kurze Leben des José Antonio Gutierrez" nachgezeichnet.

Schlechte Erfahrungen in der Ukraine

Die Ukraine allerdings hat nach Medienberichten damit aufgehört, ausländische Staatsbürger zu rekrutieren: "Die Ukraine hat mit der Anwerbung von Ausländern keine besonders guten Erfahrungen gemacht und wirbt diese auch nicht mehr an", sagte der Militäranalyst Gustav Gressel vom European Council on Foreign Relations (ECFR) laut einem Bericht der Wirtschaftswoche zur aktuellen Debatte in Deutschland.

Viele hätten den Dienst schnell wieder quittiert, der Aufwand für Ausbildung und Ausrüstung habe in keinem Verhältnis zum Nutzen gestanden.Die Idee, ausländische Staatsbürger für die Bundeswehr zu rekrutieren, sieht Gressel kritisch.

Abschiebung statt US-Staatsbürgerschaft

Für "Green Card Soldiers" aus Lateinamerika scheint sich der Dienst in den US-Streitkräften übrigens auch dann nicht immer zu lohnen, wenn sie Kriegseinsätze überleben: Nicht nur im Fall einer unehrenhaften Entlassung, sondern auch bei einer ehrenhaften Entlassung aus medizinischen Gründen droht ihnen die Abschiebung. Auch einem Afghanistan-Veteranen mexikanischer Herkunft, über den der Deutschlandfunk 2016 in einer Reportage berichtete, ist das schon passiert.