Philantro-Kapitalismus: Wie Milliardäre den Hunger in Afrika bekämpfen

Seite 3: Transgener Maniok ohne Virenkrankheiten

Maniok (auch: Cassava) ist in Afrika ein wichtiges Grundnahrungsmittel. Ob gekocht oder geröstet – viele Menschen ernähren sich von den stärkereichen Maniok-Knollen. Doch vielerorts lassen Virenkrankheiten die Wurzeln des Maniok absterben.

In einem Labor bei Abidjan im Süden der Elfenbeinküste wird das Gemüse unter strenger Bewachung und Isolation bis ins letzte Molekül analysiert. Aus einer Zelle will man eine identische Pflanze herstellen. In einem Raum namens Plant genetic Improvement machen sich Wissenschaftler mit gentechnischen Verfahren vertraut – etwa mit CRISPR, einer Methode des Genome Editing, mit deren Hilfe unerwünschte Gen-Schnipsel weggeschnitten werden.

Justin Pita, Geschäftsführer des so genannten Wave-Zentrums, das 2015 mit Mitteln der Gates-Stiftung eröffnet wurde, studierte am Pflanzenforschungszentrum Danforth Plant Science Center in St. Louis/Missouri, gegenüber dem Hauptsitz von Monsanto, das heute zu Bayer gehört.

Wissenschaftler beider Institutionen tauschten sich aus, erinnert er sich. Von einer Finanzierung durch Monsanto/Bayer will er nichts wissen. 2004 jedoch veröffentlichte der Gentechniker gemeinsam mit einer Kollegin von Monsanto einen Forschungsbericht, in dem erklärt wird, wie ein Gen im Maniok-Gen still gelegt wird, um die Pflanze resistenter gegen Viren zu machen (englisch: Gene-Silencing). Heute setzt sich Pita für die neuesten biotechnischen Verfahren und transgene Pflanzen in Westafrika ein.

Beim Gen-Silencing wird der problematische Teil kaschiert. Darüber hinaus werden aber auch mittels Mutagenese dauerhafte Veränderungen im Erbgut bewirkt. Im Gegensatz zur klassischen Gentechnik wird bei den neuen Verfahren das Erbgut verändert, ohne Gene zu transplantieren, weiß Jean-Paul Sikeli von Copagen (Coalition pour la Protection du Patrimoine Génétique Africain – deutsch: Koalition für den Schutz des afrikanischen genetischen Erbes).

Gentechniker behaupten deshalb, es handle sich nicht um gentechnisch veränderte Organismen. Dabei ist das Prinzip dasselbe wie bei der Gentechnik: unerwünschte Mutation, Ansammlung krebserregender Moleküle, endokrine Disruptoren in Nahrungs- oder Futterpflanzen. Und was, wenn sich die Versprechen nicht erfüllen und der transgene Maniok keinen Wind oder keine Sonne verträgt? Oder wenn die Gen-Pflanzen andere Mängel aufweisen?

Finanziert die EU Gentechnik-Forschung in Afrika?

Mit dem Urteil vom 25. Juli 2018 entschied der Europäische Gerichtshof deshalb, dass durch Mutagenese entstandene Organismen rechtlich genauso zu behandeln sind wie Organismen, die durch Gentechnik entstanden. Entsprechend dieser Grundsatzentscheidung müsste die EU auch das oben beschriebene Wave-Programm ablehnen.

Pita zu Folge erhält das Labor jedoch EU-Fördergelder im Umfang von fünf Millionen Euro im Zeitraum von 2020 bis 2024, um die Ausstattung zu finanzieren. Die EU unterstützt ein Gen-Labor in der Elfenbeinküste, das Forschungen durchführt, die der EuGH als gefährlich einstuft? Vertreter von NGOs wie Terre solidaire wundern sich darüber.

Schließlich gebe es seit 2014 ein Gesetz zur Entwicklung und internationalen Solidarität, in welchem sich Frankreich verpflichtet, die Forschung, Produktion und Vermarktung von GVO in Afrika nicht zu finanzieren, erklärt etwa Maureen Jorand von Terre solidaire.

In der Elfenbeinküste gebe es kein Labor, das an transgenen Pflanzen oder Tieren arbeite, behauptet die EU-Kommission in einer Mail als Antwort auf entsprechende Anfrage des Arte-Teams. Und das mit EU-Mitteln gekaufte Equipment sei für moderne gentechnische Verfahren ungeeignet.

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