Pik-As, Kreuz-König und Irakmethik

Das Pentagon zählt anders - Webseite des Weißen Hauses wimmelt Suchmaschinen ab

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Die Süddeutsche Zeitung nennt ihn heute den "Paten vom Irak": der rothaarige General Isset Ibrahim ad-Duri, die Nummer 2 unter Saddam. Im gestrigen Guardian rangierte er noch als Nummer 6; laut inoffiziellen Angaben des Pentagon verantwortlich für die Koordinierung der jüngsten Anschlagsserien und obendrein der lang gesuchte missing link zwischen dem Irak und al-Qaida-Verbänden. Neuesten Meldungen der New York Times zufolge ist es naturgemäß die Mutter aller Paten, welche die Hand hinter den Anschlägen führt: Pik-As Saddam Hussein.

Trotz der Mutmaßungen, die sich seit dem Verschwinden des Oberschurken um dessen Rolle im irakischen Widerstand ranken, wertet die Times die neuesten Geheimdienstberichte über die Führungsrolle Saddam Husseins bei den Terroranschlägen als "weit über alles hinausgehend", was bislang von der Bush-Administration anerkannt wurde: in der bisher üblichen Darstellung fungierte der Ex-Diktator nämlich als "irrelevant und flüchtig".

Während das Verteidigungsministerium die Berichte als akuten Beleg sieht, der die Dringlichkeit der Suche nach Saddam Hussein vor Augen führt, warnen vorsichtige Stimmen, dass die jüngsten Geheimdienstberichte noch nicht bestätigt seien und zum Teil widersprüchliche Annahmen anführten.

Fragezeichen setzte auch die gestern verbreitete Meldung, der zufolge die Zahl der im Kampf gefallenen US-Soldaten seit dem ersten Mai, dem offiziellem Ende der Hauptkampfhandlungen, zum ersten Mal höher war als beim eigentlichen Kriegsgeschehen: 114 Soldaten kamen laut Pentagon während der Hauptkampfhandlungen ums Leben, demgegenüber starben 115 US-Soldaten bei Kampfhandlungen nach dem ersten Mai.

Eine ähnliche Meldung gab es allerdings schon im August diesen Jahres. Wie der Guardian damals berichtete, sollen 139 US-Soldaten im "Postwar-Iraq" gestorben sein, "einer mehr als die Anzahl der Soldaten, die während der heftigen Kämpfe vor diesem Datum (1.Mai) fielen". Einzige Begründung für die widersprüchlichen Zahlenspiele (Irakmethik?), die der Spiegel-online mit der Formulierung überbrückte, dass die Zahl der toten Soldaten nach dem Ende der Kampfhandlungen schon "seit geraumer Zeit höher ist" als die Zahl der in den Hauptkampfhandlungen: das Pentagon zählt anders.

Auch das Weiße Haus befragt derzeit die Umstände der Siegeserklärung von Präsident Bush am ersten Mai, als er auf dem Flugzeugträger USSAbraham Lincoln das Ende der Hauptkampfhandlungen verkündete. Der einst als glanzvoll inszenierter Auftritt gewertete geschichtsträchtige Moment, festgehalten von einer Schar handverlesener Glanzpapier-Fotographen, hat jetzt einen Makel: ein Banner, das auf vielen Fotos hinter dem Präsidenten zu sehen ist. "Mission accomplished" ist da in großen Lettern zu lesen.

Jetzt streitet man im Weißen Haus darüber, wer für das Banner verantwortlich ist. "Die Navy", sagt das Weiße Haus und die Navy sagt, dass das Weiße Haus mitgemischt habe.

Dass die "Success story" im Irak sich momentan nur schwer als solche darstellen lässt, darauf verweist auch eine australischeMeldung, wonach die Webseite des Weißen Hauses derzeit Suchmaschinen davon abhält, auf Archivmaterial der Seite in Sachen Irak zuzugreifen. Sämtliches Material zum Irak sei mithilfe von "robots.txt-files" unzugänglich für Suchmaschinen gemacht worden.. Außerdem wurden alle Seiten auf der Webseite verändert, die behaupteten, dass die Kampfhandlungen im Irak beendet seien. "Combat" wurde durch "Major Combat" ersetzt. Herausgefunden haben das übrigens Google-User, denn dort wurden die entsprechenden Seiten archiviert, bevor sie geändert wurden.