Plastiktüten-Planwirtschaft

Die EU will den Verbrauch von Tragetaschen aus Kunststoff bis 2025 von 200 auf 45 Stück pro Kopf senken

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Vertreter der EU-Kommission, des Europaparlaments und der 28 Mitgliedsländer haben sich gestern Abend auf einen Plan geeinigt, der vorsieht, den Pro-Kopf-Verbrauch von Plastiktüten von (in Europa) derzeit durchschnittlich 200 bis 2019 auf 90 und bis 2025 auf 45 Stück zu reduzieren. Wird dies nicht über Vereinbarungen mit dem Handel erreicht, soll es Zwangsgebühren nach irischem Vorbild geben, die dort zu einem Verbrauchsrückgang um 90 Prozent führten.

Nicht von der Regulierung betroffen sein sollen dünne Plastiktüten für offene Lebensmittel wie Fleisch, Wurst, Käse und Obst. Ihr Verbot würde der EU-Kommission nach zur Folge haben, dass die keimanfälligen Waren aus Hygienegründen in Verpackungen gesteckt werden, deren Herstellung mehr Rohstoffe verbraucht und die zu einem höheren Müllaufkommen führen.

Das könnte allerdings auch für Ersatzverpackungen für andere Waren gelten: Glaubt man einer von der Schweizer Materialprüfungsanstalt Empa durchgeführten Untersuchung, sind Plastiktüten unter Einbeziehung der Haltbarkeit, des Energieverbrauchs und des Einsatzes von Pflanzenschutz- und Düngemitteln bei der Herstellung nämlich weniger umweltschädlich als Papier- und Baumwolltaschen. Auch bei den als Öko-Alternative angebotenen Tüten aus nachwachsenden Rohstoffen wie Mais- oder Kartoffelstärke und Polymilchsäure stellte sich heraus, dass sie durch die für die Herstellung benötigte Energie nicht wirklich umweltfreundlicher sind.

Plastiktüte. Foto: Phrontis. Lizenz: CC BY-SA 3.0.

Ob die geplante Plastiktütensteuer auch Mülltüten trifft, ist bislang unklar. Der Bedarf danach könnte in Deutschland nach der Einführung einer Zwangsabgabe auf Tragetaschen steigen, weil die Werbeträger Umfragen zufolge hierzulande zu drei Vierteln mehrfach verwendet werden und zuletzt häufig als Mülleimereinsatz dienen. Allerdings liegt Deutschland mit einem Verbrauch von etwa 70 Tüten ohnehin schon deutlich unterhalb des ersten Zielwerts für 2019. Mehr Umstellungsbedarf gibt es für Händler und Verbraucher in Ländern wie Portugal und Polen, wo 450 Plastiktüten pro Kopf und Jahr ausgegeben werden.

Am Freitag soll der Plan vom Europäischen Rat, dem Gremium der Regierungen der EU-Mitgliedsländer, formell abgesegnet werden. Dann wird er dem Europaparlament vorgelegt, wo es eine faktische große Koalition aus Europäischer Volkspartei und Sozialdemokraten gibt, denen sich in der Abstimmung womöglich noch die Grünen anschließen, deren dänische Vertreterin Magrete Auken sich in dem Verhandlungen zu dem gestern beschlossenen Plan weitgehend durchsetzen konnte.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

Mit Ihrer Zustimmmung wird hier eine externe Buchempfehlung (Amazon Affiliates) geladen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen (Amazon Affiliates) übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.