Pluto hat zwei weitere Monde

Der neunte Planet entpuppt sich als Vierfach-System

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Pluto gilt bislang als neunter Planet, obwohl immer mehr Experten ihn eher für ein Kuiper-Gürtel-Objekt halten, als für einen Planeten. Die Entdeckung anderer großer Objekte jenseits des Neptuns haben zunehmend Zweifel über die herkömmliche astronomische Einordnung aufkommen lassen. Der eisige Zwerg am Rand des Sonnensystems ist winzig und kreist sehr eng zusammen mit einem natürlichen Satelliten, der nur halb so groß ist, wie er selbst. Wie jetzt feststeht, hat Pluto aber noch zwei weitere, winzige Monde.

1930 entdeckte Clyde William Tombaugh den Himmelskörper, der auf einer sehr exzentrischen Umlaufbahn um die Sonne kreist und auf den Namen Pluto getauft und als neunter Planet unseres Sonnensystems klassifiziert wurde. Und das, obwohl er deutlich kleiner ist als der irdische Mond und auch sonst nicht viel Ähnlichkeit mit den anderen Planeten hat.

Illustration des Blicks von einem der neuen Monde auf Pluto (groß in der Mitte), Charon (dahinter rechts) und den dritten Trabanten. (Bild: NASA, ESA, G. Bacon (STScI))

1978 wurde sein Mond Charon entdeckt, der mit der Hälfte des Durchmesser im Verhältnis zu seinem Planeten den größten Mond in unserem Sonnensystem darstellt. Erst kürzlich gelang es, ihn bis auf wenige Kilometer genau zu vermessen (Der Schatten des Charon). Der natürliche Begleiter und Pluto kreisen sehr eng und synchron miteinander. Viele Astronomen bezeichnen wegen dieser einzigartigen Konstellation die beiden als Doppelplanet (Der "Doppelplanet" Pluto und Charon).

Pluto und Charon umkreisen auf einer ziemlich exzentrischen Bahn unsere Sonne in ungefähr 248 Jahren, wobei die beiden zeitweise unserem Zentralgestirn näher sind als Neptun. Der neunte Planet unterscheidet sich in jeder Beziehung von den anderen. Nach Minimaldefinition sind Planeten „nicht selbstleuchtende große Himmelskörper, die einen Stern umlaufen“ (Brockhaus Sachlexikon Astronomie). Die inneren Planeten unseres Sonnensystems sind erdähnlich oder felsig; Merkur, Venus, die Erde und Mars haben feste Oberflächen und eine hohe Dichte bei geringer Rotationsgeschwindigkeit. Dagegen sind Jupiter, Saturn, Uranus und Neptun als Gasplaneten kategorisiert, die vor allem aus Wasserstoff und Helium bestehen, eine geringe Dichte haben und schnell rotieren. Pluto ist eine Ausnahme, er ähnelt vielmehr den größeren und kleineren Planetoiden oder Kleinstplaneten, die jenseits von ihm im Außenbereich des Sonnensystems, sprich im Kuiper-Gürtel, unterwegs sind.

Die Größe von Xena (2003 UB313) im Vergleich zu Pluto, dem Erdmond sowie der Erde. (Bild: Max-Planck-Institut für Radioastronomie)

Die Entdeckung sehr großer Kuiper-Gürtel-Objekte wie Quaoar (Heiße Zeiten auf Quaoar) oder Sedna (Kein zehnter Planet, dafür ein riesiger Eis-Planetoid) haben in jüngster Zeit die Debatte um die Definition und präzise Unterscheidung von Planeten und Kuiper-Gürtel-Objekten angeheizt. Spätestens bei dem astronomischen Objekt mit der Katalognummer 2003 UB313, auch Xena genannt, das 2005 entdeckt wurde ("It's definitely bigger than Pluto ..."), muss darüber diskutiert werden, ob es sich um den zehnten Planeten handelt oder ob vielmehr Pluto diese Bezeichnung entzogen werden muss. Nach neusten Erkenntnissen hat Xena einen Durchmesser von 3.000 Kilometern und ist damit um 700 Kilometer größer als Pluto (Neu entdeckter "Planet" ist größer als Pluto). Wilhelm Altenhoff vom Max-Planck-Institut für Radioastronomie in Bonn kommentierte:

Es ist sehr aufregend, dass dieses Objekt im Sonnensystem größer ist als Pluto. Es beweist, dass Pluto, der ja eigentlich auch als Kuiper-Gürtel-Objekt gelten muss, kein so außergewöhnliches Objekt ist. Vielleicht gelingt es uns, noch weitere solch große Objekte zu finden, die uns dann Aufschlüsse über die Entstehung und Entwicklung unseres Sonnensystems erlauben. Die Kuiper-Gürtel-Objekte sind Überbleibsel, eine Art archäologische Grabstätte von urtümlichen Resten aus der Entstehungszeit von Sonne und Planeten.

P1 und P2

Und nun kommt die nächste Sensation, denn Pluto ist tatsächlich ein Vierfach-System. Vergangenes Jahr spürte das Weltraumteleskop Hubble zwei neue Winzlinge auf, die um Pluto kreisen (NASA's Hubble Reveals Possible New Moons Around Pluto). In der aktuellen Ausgabe des Wissenschaftsmagazins Nature) stellen zwei Wissenschaftlerteams ihre Studien zu den neuen Monden vor, die als S/2005 P1 und S/2005 P2 bezeichnet werden (später werden sie mythologische Namen aus der antiken Unterwelt erhalten, passend wäre z.B. Allekto, Megaira oder Tisiphone, die Erinnyen bzw. Furien).

P1 und P2 am 18. Mai 2005 (Bild: Hubble-Teleskop, NASA)

Harold A. Weaver von der Johns Hopkins University und Kollegen auch anderer US-Institute berichten über die Entdeckung der beiden neuen natürlichen Satelliten (Discovery of two new satellites of Pluto, Vol 439|23 February 2006|doi:10.1038/nature04547). P1 hat einen Durchmesser von 60 bis 165 Kilometern und braucht für eine Umkreisung des Pluto ungefähr 38 Tage, P2 ist zwanzig Prozent kleiner als P1 und kreist in ungefähr 28 Tagen einmal um den neunten Planeten. Co-Autor Andrew Steffl vom Southwest Research Institute erläutert:

Diese Hubble Bilder zeigen die bisher genaueste Suche nach Objekten um Pluto herum, und es ist unwahrscheinlich, dass es weitere Monde um Pluto gibt, die einen Durchmesser von mehr als etwa 16 Kilometern habe.

Das zweite Team um S. Alan Stern vom Southwest Research Institute untersuchte den Ursprung der Vierer-Konstellation und kam zu dem Schluss, dass ein ursprünglich größerer Körper durch einen gigantischen Einschlag in vier Teile zersplitterte, die nun miteinander am Rand unseres Sonnensystems ihre Kreise ziehen (A giant impact origin for Pluto’s small moons and satellite multiplicity in the Kuiper belt, Vol 439|23 February 2006|doi:10.1038/nature04548). Alan Stern folgert:

Unsere Forschungen deuten darauf hin, dass auch andere Objekte im Kuiper-Gürtel mehr als einen Mond haben könnten. In Zukunft werden Astronomen nun zwei weitere Monde berücksichtigen müssen, wenn sie die Entstehung des Plutosystems erklären wollen.

Genauere Erkenntnisse wird sicherlich die New Horizons-Mission bringen, die am 19. Januar 2006 in Richtung Pluto startete und 2015 am neunten Planeten (falls er bis dahin diesen Status nicht verliert) ankommen soll, um ihn und seine Monde Charon, P1 und P2 aus der Nähe zu untersuchen.