Polen: Ist die PiS alternativlos?
Die Zustimmung für die autoritäre Politik der rechtskonservativen Regierung steigt, die Opposition ist ratlos und zersplittert
"Recht und Gerechtigkeit", kurz PiS, die rechtskonservative Partei von Jarosław Kaczyński, hat vor zwei Jahren die Parlamentswahlen gewonnen und Polen seit dieser Zeit nachhaltig verändert und die Menschen polarisiert.
Entgegen der Hoffnung ihrer Gegner steigt die Zustimmung für ihre Politik sukzessiv. Die Opposition ist ratlos, zersplittert und konzentriert sich auf innerparteiliche Kämpfe, die Linke ist von der politischen Bühne fast gänzlich verschwunden.
Marktwirtschaft ohne Adjektive
Nach dem Fall des Kommunismus und dem Aufkommen des Neoliberalismus als führendes Dogma in den frühen Neunzigerjahren wurden in den polnischen Mainstream-Medien zunehmend jegliche System-Debatten unterdrückt und alternativ Denkende als Fanatiker verunglimpft. Die Erfahrungen vor allem der letzten Jahre der dahinsiechenden Planwirtschaft, die speziell in Polen in Mangelwirtschaft, allgemeiner Verelendung und politischen Unruhen mündeten, ließen die neuen politischen Akteure an Francis Fukuyamas "Ende der Geschichte" und an einen einzigen gangbaren Weg glauben: die liberale Demokratie und die Marktwirtschaft "ohne Adjektive".
Selbst die SLD, ein Linksbündnis, das aus der 1990 aufgelösten "Polnischen Vereinigten Arbeiterpartei" hervorging, schwenkte rasch um. Zwischen 1995 und 2005 stellte die Partei mit Aleksander Kwaśniewski zwar einen überaus beliebten und respektierten Staatspräsidenten und mit Leszek Miller von 2001 bis 2005 den Premierminister, doch es war ausgerechnet jene Regierung, die die Unternehmenssteuern senkte, Staatsbetriebe großzügig privatisierte und die Einführung einer Flat-Tax überlegte. Die Partei vermied die Konfrontation mit der mächtigen katholischen Kirche, zudem profitierten viele ihrer Politiker als Teil der alten Elite überproportional von den Privatisierungen der Neunzigerjahre.
Die SLD bezog ihre Unterstützung aus der ersten großen Enttäuschungswelle nach der neoliberalen "Schocktherapie" des Jahres 1990, als Millionen Menschen arbeitslos wurden und verarmten und einer daraus resultierenden Nostalgie für die soziale Sicherheit im alten System.
Bei der Wahl von 2005 stürzte die SLD von 41 auf 11 Prozent. Danach erfolgte die Zersplitterung der Linksparteien, die damit in Bedeutungslosigkeit versanken. Bei den Präsidentenwahlen von 2015 scheiterte eine von Miller vorgeschlagene 35-jährige Fernsehmoderatorin kläglich. Der Kandidat der rechtskonservativen Partei "Recht und Gerechtigkeit", kurz PiS, Andrzej Duda machte das Rennen.
Polen wird von zwei rechten Parteien dominiert
Bei den Parlamentswahlen vom Oktober 2015 schafften die beiden linken Wahlbündnisse die 8-Prozent-Hürde nicht und sind seitdem im Sejm, dem polnischen Parlament, nicht mehr vertreten. Die PiS errang mit 37 Prozent der Wählerstimmen die absolute Mehrheit. Die mitte-rechts positionierte "Bürgerplattform", kurz PO, die die Vorgängerregierung stellte und die wirtschaftlich noch liberalere Partei "Modernes Polen" (Nowoczesna PL) des Ex-Bankers Ryszard Petru stellen derzeit die einzige ernst zu nehmende parlamentarische Opposition dar. Aufgrund personeller und programmatischer Schwäche büßen beide Parteien in Umfragen in Wählergunst zugunsten der PiS ein.
Zwar gibt es im linken Spektrum Initiativen und Aktionsgruppen, etwa um die Warschauer Zeitschrift "Krytyka Polityczna" und deren Chefredakteur Sławomir Sierakowski, die im Kulturzentrum "REDakcja" versuchen, neue kritische Diskurse anzuregen. Die Gruppen veranstalten Demonstrationen für Minderheitenrechte, Regenbogen-Paraden, feministische Aktionen, sie engagieren sich für Flüchtlinge. Doch diese Bewegungen sind ebenfalls zersplittert und auf große Städte im zentralen und westlichen Teil des Landes beschränkt.
Als Hoffnungsträger wird der bekennende Homosexuelle und Bürgermeister der Stadt Słupsk (Stolp), Robert Biedroń gehandelt. Regelmäßig wird er zu einem der beliebtesten Politiker des Landes gewählt und er wird gedrängt, im Rennen um das Bürgermeisteramt in Warschau anzutreten. Diese Bewegungen dürfen dennoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass die politische Landschaft in Polen de facto von zwei Parteien rechts der Mitte dominiert wird.