Polen: Reemigration gescheitert
Die PiS-Regierung bemühte sich vergeblich, die in Großbritannien und den USA lebenden Polen zurückzuholen, hingegen nimmt die Auswanderung zu
Emsig haben sowohl der Wirtschaftsminister Mateusz Morawiecki wie der Außenminister Witold Waszczykowski bei ihren Besuchen in Großbritannien und den USA zur Rückkehr der auswärtigen Landsleute aufgerufen. Der "gute Wandel" im Vaterland verspreche nun viele Perspektiven.
Die nationalkonservative Regierungspartei "Recht und Gerechtigkeit" (PiS) kann tatsächlich Erfolge feiern: Mittlerweile knapp 50 Prozent der Bevölkerung befürworten die Politik von Premierministerin Beata Szydlo und Parteichef wie Mastermind Jaroslaw Kaczynski. Sozialausgaben wurden erhöht, das Rentenalter gesenkt, für dieses Jahr wird das Wirtschaftswachstum auf vier Prozent geschätzt.
Doch die Polen im Ausland wollen nicht zurück. Anfang dieser Woche wurden ernüchternde Zahlen des Hauptstatistikamts (GUS) in Warschau publik: Die Auswanderung nimmt zu. Demnach seien 2016 über 2,5 Millionen Polen im Ausland, das ist 4,7 Prozent mehr als 2015.
2015 gewann die PiS im Herbst die Wahl, unter anderem mit dem Versprechen, die Arbeitsmigranten nach Hause zu holen. Die Situation ist vor allem auf dem Land dramatisch. Ganze Dörfer sind im Sommer leer, da sich die Erwachsenen im Westen verdingen, dies wird von Statistiken nicht erfasst.
Gerade die risikofreudigen, leistungsbereiten Polen wagten seit dem EU-Beitritt 2004 den Sprung ins westlichen Europa, um ihr Einkommen aufzubessern. Danach folgte eine Rückkehrwelle von denen, die ihr finanzielles Ziel erreicht hatten. Diejenigen, die schon länger außerhalb Polens leben, überlegen sich eine erneute Migration sehr genau.
Die meisten Polen emigrierten nach Großbritannien. Nach Angaben eines Finanzportals haben sich dort bereits schon zehn Prozent der Polen im Rahmen einer Arbeitsmigration einmal aufgehalten.
Wegen Übergriffen auf Polen nach der Brexit-Entscheidung im Sommer 2016 rechnete das polnische Regierungslager mit einem "Polback", mit einer Rückkehr von bis zu 400.000 Landsleuten aus Großbritannien. Doch nach jüngsten Angaben des britischen Amtes für Statistik wuchs die Anzahl der Polen in Großbritannien auf über eine Million, obwohl sich abzeichnet, dass der Übergang zum Austritt des Landes aus der Europäischen Union ungemütlich über die Bühne gehen wird.
Nach Angaben der Ärztevermittlung "Paragona" kehrten 80 bis 90 Prozent der nach Skandinavien und Großbritannien vermittelten polnischen Mediziner nicht mehr zurück. Dabei steige im westlichen Polen die Nachfrage nach Jobs im Gesundheitswesen kontinuierlich.
Viele schreckt das zunehmend intolerante Klima ab. Monika P., eine Geschäftsfrau aus Warschau, verdiente mit ihrem Mann bereits in Polen sehr gut. Vor drei Jahren entschieden sie sich mit ihren zwei Kindern zur Migration in die USA. Die Wahl von Donald Trump hat sie zwar kurzfristig schockiert: "Aber Amerika hat im Gegensatz zu Polen eine starke demokratische Tradition, das Land ist nicht wirklich gefährdet", meinte sie auf Anfrage. Eine Rückkehr stehe für die Familie nun nicht zur Debatte.