Polens vergangenheitslastige Ostpolitik

Seite 2: Einigkeit gegen Russland

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Konkreter wurde es bezüglich des noch nicht genehmigten russischen Gaspipelineprojekts Nordstream 2, einer zweiten Pipeline von Russland nach Deutschland. Ukraine würde durch die "Umleitung" jährlich drei Milliarden US-Dollar Transitgebühren verlieren, da die Leitungen durch ihr Territorium nicht mehr benötigt werden. Andrzej Duda schlug vor, Flüssiggas an die Ukraine zu liefern. Polen besitzt seit Ende 2015 einen eigenen LNG-Hafen in Swinemünde (Świnoujście). Kürzlich hat die Raffinerie Lotos einen Vertrag mit den USA über fünf Schifflieferungen abgeschlossen.

Doch ob der Zusammenhalt gegen Russland Bestand hat, bleibt offen. Aus dem Außenministerium in Warschau sind andere Töne zu hören: "Die Ukraine braucht Polen, Polen kommt ohne die Ukraine prima zurecht." Dieser Spruch von Jan Parys, dem Sprecher des polnischen Außenministeriums, sorgte am 10. Dezember für einen großen Widerhall auch in den russischen Medien.

Parys betonte auch, dass die Ukraine besseren diplomatischen Beziehungen mit Russland im Weg stehe. Der Spruch ist eine Gegenthese zu Donald Tusks Theorie, eine demokratische und sichere Ukraine sei auch für die Sicherheit Polens notwendig. Der ehemalige Premier Polens und aktuelle Präsident des europäischen Rates gilt den Nationalkonservativen als Erzfeind.

Unter der Regierung der Bürgerplattform (2007-2014) wirkte Polen als Mittler und Anwalt für die Westanbindung des Landes. Staatspräsident Aleksander Kwasniewski spielte 2004 bei der Orangenen Revolution eine entscheidende Rolle, als er nach dem angezweifelten Sieg von Wiktor Janukowitsch zwischen ihm und dem Gegenkandidaten Wiktor Juschtschenko vermittelte und so vermutlich eine Eskalation verhinderte.

Von dieser Mittlerrolle des linken Politikers Kwasniewski war auch der Nationalkonservative Lech Kaczynski begeistert, der sonst auf die Abrechnung mit ehemaligen Kommunisten pocht. Der damalige Staatspräsident versuchte diese Mittlerrolle 2008 im Konflikt Georgiens mit Russland zu übernehmen.

Als Versuch von polnischer Seite, die Ukraine und andere postsowjetische Republiken an die EU anzunähern, gilt die "Östliche Partnerschaft", offiziell angedacht um die dortigen Zivilgesellschaften zu stärke, die nun angesichts der Konflikte in der Ukraine eine eher untergeordnete Rolle spielt. Ihr letzter Gipfel im November wurde kaum beachtet.